Rekord-Paralympics

■ Zuschauerboom und viele Weltrekorde bei den Behindertenspielen, die gestern zu Ende gingen

Barcelona (dpa) — Mit rund eineinhalb Millionen Zuschauern und 403 Weltrekorden setzten die gestern mit einer Abschlußfeier zu Ende gegangenen IX.Paralympics in Barcelona neue Maßstäbe. War der Kreis der Medaillengewinner vor einigen Jahren noch auf wenige Nationen beschränkt, so nahmen diesmal Athletinnen und Athleten aus 56 Ländern Medaillen mit nach Hause. Als Superstars der Spiele erwiesen sich erwartungsgemäß die Schwimmerinnen und Schwimmer. Die 18jährige Trischa Zorn (USA) brachte einschließlich der Staffeln zehnmal Gold und zweimal Silber in ihren Besitz. Ihr Landsmann John Morgan (8/2/0) stand ihr nur wenig nach. Mit der Münchnerin Claudis Hengst und der Leverkusener Doktorandin Britta Sievers (je 5/2/1) gehörten auch zwei deutsche Sportlerinnen zu dem illustren Kreis. Daß sich unter den zehn erfolgreichsten Medaillensammlern allein sieben aus dem Schwimmsport befinden, spricht jedoch für ein Ungleichgewicht der Disziplinen.

Obwohl kurzfristig noch einige Disziplinen und Schadensklassen zusammengelegt wurden, sind die Paralympics mit insgesamt 490 Entscheidungen noch zu unübersichtlich. Allein 24 Goldmedaillen über 100m in der Leichtathletik, die Flut der Schwimmentscheidungen oder je zwölf Einzelsiege im Tischtennis bei den Männern und Frauen belegen das. Allerdings ist es nicht möglich, alle Behinderten in einer Klasse starten zu lassen. Das würde zahlreiche neue Ungerechtigkeiten bringen. Hier steht noch viel Arbeit vor dem International Paralympic Committee (IPC), das in Zukunft alleiniger Ausrichter der Spiele sein wird. Und dabei sind in etlichen Sportarten die Frauen noch nicht oder nur in geringer Anzahl vertreten.

Doping bleibt vorerst eine Randerscheinung des Behindertensports. Allerdings gibt es eine große Grauzone. Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen wurden nicht automatisch alle Medaillengewinner kontrolliert, gab es lediglich etwas mehr als 200 Stichproben. Fest steht auch, daß durch die Vielzahl der Schadensklassen ein Manipulationsversuch auf diesem Gebiet weitaus mehr bringen kann. Wer in eine höhere Schadensklasse eingestuft wird, hat gegen körperlich mehr behinderte Konkurrenz logischerweise bessere Chancen. Deutlich festzustellen war bei einigen Mannschaften, daß Athleten mit recht geringen Behinderungen, die im Nicht-Behindertensport keine große Rolle spielen würden, hier erfolgreich starteten.