Auch die Bundesbank ist nicht autonom

■ Gegen die Bundesregierung und Europa läßt sich Geldwertstabilität nicht durchsetzen

Auch die Bundesbank ist nicht autonom Gegen die Bundesregierung und Europa läßt sich Geldwertstabilität nicht durchsetzen

Die Deutsche Bundesbank hält sich sehr viel auf ihre Unabhängigkeit von der Regierung zugute. Ihrer Stabilitätspolitik allein, so die Selbststilisierung von Helmut Schlesinger & Co., verdanken wir die harte D-Mark und damit den höchsten Wohlstand in Europa.

Dieses Selbstbild mußten die Notenbanker gestern deutlich revidieren. Sie sind, wie ihre erzwungene Zinssenkung zeigt, sehr wohl abhängig: von der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung und dem Europäischen Währungssystem (EWS).

Seit der Währungsunion mit der damals Noch- DDR sind die in der Finanzwelt hochangesehenen Bundesbanker zudem ausgesprochen erfolglos. Ihre seit zwei Jahren andauernde Hochzinspolitik ist im Inland weitgehend wirkungslos geblieben, weil die Bundesregierung entgegen den Vorgaben aus Frankfurt trotzdem weiter neue Kredite zur Finanzierung der Einheit aufgenommen hat und damit den öffentlichen Schuldenberg immer höher wachsen läßt. Außerdem subventioniert die CDU/ FDP-Regierung kräftig die Kreditkosten für Investitionen herunter, so daß auch die private Wirtschaft die hohen Zinsen zu einem guten Teil ignorieren konnte. Die Geldmenge und damit die Inflationsgefahr wächst unterdessen weiter.

Innerhalb Europas bewirkte die Bundesbankpolitik gleich zuviel des Guten: eine D-Mark-Stärke, die nur mehr wenig Kontakt zur real schwachen Wirtschaftsentwicklung hierzulande hält. Eine Aufwertung der Mark im EWS, also gegenüber den wichtigsten Handels-Partnerländern, hätte die ohnehin gegen Null tendierende Konjunktur noch weiter geschwächt.

Mit der geringfügigen Senkung der Leitzinsen hat die Bundesbank die deutsche Währung nun sehr günstig in das EWS zurückgekauft, aus dem manch italienischer Unternehmer sie schon ausgeschlossen sehen wollte. Dabei wäre eine Aufwertung der Mark gegenüber den übrigen EWS-Währungen nur konsequent gewesen. So hätte man nicht nur das Verhältnis der Lira zu den übrigen Währungen korrigiert, sondern gleichzeitig den Abwertungsdruck vom britischen Pfund und der spanischen Peseta genommen. Doch nun werden die Notenbanken wohl in den kommenden Wochen weitere Milliarden-Beträge für Kursstützungen ausgeben müssen.

Aber vielleicht glauben die EG-Finanzpolitiker inzwischen ja fest an ein Nein der Franzosen zu den Maastrichter Verträgen. In diesem Fall nämlich geriete die Mark erneut unter Aufwertungsdruck— dem dann auch die Bundesbank zum Schaden der Wirtschaft nachgeben müßte. Donata Riedel