PORTRAIT
: „Stay hard, stay heavy, stay sick, stay brutal“

■ Der angeklagte Heavy-Metal-Fan Gordon K. will mit dem Tod des Angolaners Amadeu Antonio nichts zu tun haben

„Heavy-Metal“, sagt Gordon K. und blickt auf seine karierten Filzpantoffeln, „ist eine Musik ohne Ideologie.“ Seit er 13 ist, hört er Metal- Bands. Von den Wänden seines Zimmers aus leisten sie ihm Gesellschaft: die langhaarigen Hardrocker, behängt mit Eisen und Nieten, die tätowierten Arme um ein Instrument gekrallt. Napalm Death, Pestilence, Type O Negative, Carnivo. Würden diese männlichen Schaustücke ihre Körper und Gesichter nicht so brutal verkrampfen, sie sähen ganz harmlos aus. So wie Gordon K.

„Eigentlich bin ich ruhig und zurückhaltend“, meint der 21jährige, der seine dunklen Haare seit einem Jahr kurz trägt. „Schüchtern“, nennt es seine Freundin. Nur zögernd erzählt der schmalgebaute junge Mann mehr über sich. Ein „ganz normales Zuhause“ habe er gehabt: „Gearbeitet, einkaufen gegangen, nach Hause gekommen, Fernsehen geguckt. Normaler Osten eben.“ Zum normalen Zuhause des Gordon K. gehörten die Mutter, der 15jährige Bruder und drei verschiedene Väter. Seinen leiblichen Vater hat Gordon kaum gekannt. Die Eltern ließen sich scheiden, als er drei war. Der zweite Ehemann der Mutter war für ihn der eigentliche Vater. „Man hat sich eben dran gewöhnt an ihn. Hab' auch Papi gesagt.“ Als Gordon 15 war, ging auch der, und ein Neuer kam. Jetzt lebt man zu viert in der Parterrewohnung eines Jahrhundertwendehauses in Eberswalde.

Wie er mit seiner Mutter zurecht kommt? Gordon K. stockt, runzelt die Stirn, fährt sich durchs Haar: „Na, ick find meine Mutter jut!“ antwortet er dann erleichtert grinsend. Gordon K. ist vor dem Bezirksgericht Frankfurt/Oder angeklagt, den Tod von Amadeu Antonio mitverschuldet zu haben. Als der Prozeß begann, fuhr seine Mutter in Urlaub. „Meine Eltern“, erzählt der gelernte Schlosser, „fanden meine Musik immer schrecklich. Für mich war sie ein und alles.“ Auf seinen Armen ist „Napalm Death“ und ein Kreuz eingraviert. Seit der Wende hat er in einer Metal-Band gesungen. Aufgetreten sei er aber nie, „da hätte ich Angst gehabt, vor so vielen Leuten“. Woher hat der „ruhige“ Gordon denn die Aggressivität genommen, um die brutale Musik herauszubrüllen? Die Frage entgeistert ihn: „Ick weeß nich“, antwortet er schulterzuckend.

Im Hintergrund dröhnt die Skin-Band „Endstufe“: „Skinhead laß dich nicht unterkriegen, denn du wirst ewig siegen. Sie nennen dich Nazi- Schwein, dabei bist du nur stolz, ein Deutscher zu sein.“ Die Texte, behauptet der Zeitsoldat, seien ihm nicht wichtig. Hauptsache hart und schnell.

„Eigentlich passen Metals und Skins nicht zusammen“, findet Gordon K., aber in Eberswalde sei das eine Ausnahme. Man kenne sich von früher und „vielleicht, weil wir dieselbe Einstellung haben“. Was die beiden Gruppen in Eberswalde vereint, ist ihr Haß auf Ausländer. Die würden nur Drogen und Prostitution verbreiten, ereifert sich Gordon K., und würden nicht nach Deutschland passen. „Die leben doch ganz anders. Das sieht man doch im Fernsehen. In Afrika.“

Nein, wehrt er ab, gegen Gewalt hätte er was. „Endstufe“ kreischt: „Skins, hart, kahl, brutal“. Gordon K. sagt: „Ich hab nie Prügel gekriegt und hab' trotzdem gelernt. Prügel nützt doch nichts. Die Ausländer begreifen doch nicht, daß wir sie hier nicht haben wollen, wenn wir sie verprügeln.“ Reden müsse man. Wie die „Nationalistische Front“ das tue. Die sei ihm sympathisch.

An dem Verbrechen an Amadeu Antonio fühlt sich Gordon K. völlig unschuldig. Er sei ja „nur aus Neugier mitjeloofen“. Ob ihm die Sache trotzdem leid tue? „Nö“, kommt es lakonisch, „Scheiße ist es. Da muß ich mir jetzt das Gesülze anhören. Hoffentlich kommt der Richter auch bald dahinter, daß ich's nicht war.“ Er und sein ebenfalls angeklagter Freund Steffen H. seien doch „Opfer“ bei der Geschichte. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie mich verknacken. Ich hab' doch nichts gemacht!“

Der Richter verurteilte Gordon K. gestern wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu vier Jahren Jugendstrafe. Gegen dieses Urteil hat seine Verteidigerin Revision angekündigt. Bascha Mika