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Bündnis 90 geht auf Distanz zu Stolpe

■ Brandenburgs Ministerpräsident gerät durch neues Gauck-Gutachen noch einmal massiv unter Druck

Berlin (taz) — In der Brandenburger Ampelkoalition geht das Bündnis 90 nach den jüngsten Berichten über die Stasi-Verstrickungen des Ministerpräsidenten auf Distanz zu Manfred Stolpe (SPD). Bildungsministerin Marianne Birthler hat den Umgang Stolpes mit seiner Vergangenheit scharf gerügt. In einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst nannte sie es gestern „nicht eben vertrauensbildend“, daß der Regierungschef immer nur das zugestehe, was gerade bekanntgeworden ist. Sie reagierte damit auf Berichte, wonach Stolpe seine DDR-Verdienstmedaille auf persönliche Anweisung von Stasi-Minister Erich Mielke 1978 erhalten haben soll.

Offenbar bereitet sich das Bündnis 90 auf weitere Enthüllungen über die Stasi-Verstrickungen Stolpes vor. Birthler erklärte, daß sie zwar an der brandenburgischen Koalition festhalte, die für sie „einen hohen politischen Wert“ besitze. Den „Vorgang Stolpe“ stufte sie aber als „Personalfrage“ ein, die nicht als Koalitionsfrage behandelt werden dürfe. Wie sie weiter erklärte, habe sich das Bündnis 90 für eine Mitarbeit im Stolpe-Untersuchungssausschuß entschieden, dessen Ergebnisse erst abgewartet werden müßten, bevor sie Schlußfolgerungen ziehen wolle.

Birthler, die selbst lange Jahre kirchliche Mitarbeiterin war, kritisierte auch den früheren Sprecher des DDR-Kirchenbundes, Rolf-Dieter Günther. Er hatte geäußert, daß Stasi und Kirche „Partner“ gewesen seien. Bedrückend sei, sagte Birthler, daß dieser Aussage von seiten der Kirche bislang nicht widersprochen wurde.

Das ergänzende Gauck-Gutachten zu den früheren Stasi-Kontakten des brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe (SPD) sollte gestern nachmittag in Potsdam eintreffen. Der Direktor der Gauck-Behörde, Hansjörg Geiger, wollte das etwa 100seitige Papier persönlich an Landtagspräsident Knoblich (SPD) und den Chef des Untersuchungsausschusses Bisky (PDS) übergeben. Der Untersuchungsausschuß tagt heute turnusgemäß im Landtagsgebäude. Auch Stolpe wird heute aus seinem Urlaub zurückerwartet. Noch vor der Sitzung will sich der Ausschußvorsitzende Bisky um ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten bemühen, in dem Stolpe die genauen Umstände der Ordensverleihung erklären soll.

Wie der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet, wird Stolpe durch das weitere Gauck-Gutachten schwer belastet. Es untermauere mit zahlreichen neuen Aktenfunden die Ergebnisse des ersten Gutachtens vom April, wonach Stolpe unter dem Decknamen “Sekretär“ über einen Zeitraum von 20 Jahren ein wichtiger Inoffizieller Mitarbeiter im Bereich der evangelischen Kirchen war. Wolfgang Gast

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