Bosnier und Serben verweigern Gespräche

■ Alija Izetbegovic und Radovan Karadzic wollen nicht an der nächsten Genfer Verhandlungsrunde teilnehmen/ Schwere Waffen der Serben werden nur vereinzelt den UNO-Soldaten unterstellt

Sarajevo (AP/taz) — Nun scheinen die Genfer Friedensgespräche vollends zum Scheitern verurteilt. Sowohl der bosnische Präsident Alija Izetbegovic als auch Serbenführer Radovan Karadzic haben inzwischen verkündet, sie würden nicht an der nächsten Verhandlungsrunde, die am Freitag beginnen soll, teilnehmen. Während Izetbegovic seine Absage am Sonntag mit serbischen Angriffen auf mehrere bosnische Städte begründet hatte, protestierte Karadzic gestern mit seinem Schritt gegen die geplante Einrichtung einer Flugverbotszone über Bosnien.

Laut Radio Sarajevo erklärte Izetbegovic, die jugoslawische Bundesarmee habe zur Unterstützung der serbischen Einheiten in Bosnien zusätzliche Panzer in die Republik verlegt. Außerdem hätten Maschinen der Luftwaffe bosnische Städte angegriffen. Karadzic drohte, er werde sich vollständig von den Verhandlungen zurückziehen, falls die internationale Gemeinschaft wirklich Flugverbot für Militärmaschinen über Bosnien verhängen sollte.

Die Luftwaffe der Serben hat schätzungsweise 50 Flugzeuge und Hubschrauber in Banja Luka im Nordwesten Bosniens stationiert. Um zu verhindern, daß Militärmaschinen den Windschatten der UNO- Transportmaschinen ausnutzen und auf diese Weise militärische Stellungen in Bosnien beschießen, hatten die USA bereits in der vergangenen Woche ein Flugverbot erwogen.

Auch die viertägigen Verhandlungen der beiden Vorsitzenden der Genfer Friedenskonferenz, Vance und Owen, mit den Konflikparteien in Bosnien-Herzegowina sowie den Regierungen Kroatiens, Serbien/ Montenegros und Sloweniens haben keine konkreten Fortschritte gebracht. Deshalb rechnete man gestern in Genf nicht damit, daß die Konferenzarbeitsgruppe über vertrauensbildende Maßnahmen die Wiederaufnahme der UNO-Hilfsflüge nach Sarajevo beschließen werde.

Bei seiner Rückkehr nach Genf zeigte sich Vance am Sonntag abend sichtlich unzufrieden. Nur schleppend, so der ehemalige US-Außenminister, würden die schweren Waffen der bosnischen Serben unter UNO-Aufsicht gestellt. So hätten die Serben mehr als 24 Stunden nach Auslaufen der gesetzten Frist (Samstag mittag), lediglich ihre Waffen in der Umgebung Sarajevos zu den UNO-Sammelpunkten gebracht. In Bihac würden sich die örtlichen Militärkommandanten nach wie vor weigern, ihre Mörser abzuliefern. In der Umgebung Gorazdes seien die schweren Waffen lediglich einige Kilometer weit in neue Stellungen gebracht worden.

Vance und Owen erhielten darüber hinaus keinerlei Zusagen, daß auch die Antiflugzeugwaffen auf die Liste der schweren Waffen gesetzt würden. Diese und andere Sicherheitsgarantien hatte das Hochkommissariat für Flüchtlinge Anfang letzter Woche zur Bedingung gemacht, um die Lufttransporte wieder aufzunehmen. Die drei bosnischen Kriegsparteien sowie die Regierungen aller ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken sollten den Forderungen bis zur gestrigen Sitzung der Genfer Konferenzarbeitsgruppe zustimmen.

Das IKRK hat nach Auskunft der Genfer Zentrale bisher lediglich zu 20 Gefangenenlagern in Bosnien- Herzegowina Zutritt erhalten und dabei rund 12.000 Gefangene registriert: 10.000 in serbisch verwalteten und je 1.000 in Lagern der Kroaten und Moslems. Keine der drei Kriegsparteien hat ihre Verpflichtungen nach den Genfer Konventionen erfüllt. Danach sollten dem IKRK komplette Listen mit allen Lagern und Gefangenen übergeben werden. Details über die Freilassung von Gefangenen, die die Kriegsparteien bereits Ende August zugesagt hatten, gibt es ebenfalls nicht. Noch immer steht das IKRK vor dem Dilemma, daß eine Freilassung von Gefangenen, die daraufhin das Land verlassen, einer indirekten Unterstützung der „ethnischen Säuberungen“ gleichkäme. Die Alternative: Freilassung und Umsiedlung in „Sicherheitszonen“ innerhalb der jugoslawischen Ex-Republiken. Diese Sicherheitszonen kann das IKRK jedoch nicht ohne entsprechende Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates einrichten. azuBZ