Autofahrer haben viele Notlügen

■ Aktionswoche "Autofreie Schule" ist ein Erlebnis / Nur die hartgesottenen Lehrer verstecken ihre Autos

ist ein Erlebnis / Nur die hartgesottenen Lehrer verstecken ihre Autos

„Ich bin überrascht, daß es Spaß macht,“ erzählt die Lehrerin Ilona Wilhelm. Anläßlich der Aktionswoche „Autofreie Schule“ ist sie für ihren Schulweg von Eimsbüttel nach Barmbek vom Auto aufs Rad umgestiegen, tritt morgens dynamisch in die Pedale und kommt dann „ganz aufgepowert“ in den Unterricht. „Ich muß nur eine Viertelstunde eher los, das ist gar nicht so dramatisch, wie ich gedacht habe“. Ein bißchen Übung braucht das Umsteigen allerdings schon. „Heute habe ich den ganzen Kladeradatsch vom Gepäckträger verloren“, erzählt die Neu-Radlerin, aber „man lernt ja“. Sie brauche ja nicht immer soviel mitzuschleppen.

Gepäckprobleme schieben Lehrer häufig vor, wenn sie notorisch mit dem PKW zur Arbeit fahren. „Eine Lehrerin, die mit dem Auto kam, hat mir eine lächerlich kleine Tasche gezeigt, und behauptet, sie hätte soviel zu schleppen“, erzählt Dorothee Fricke vom Elternrat, die gestern „Wache“ stand vor der Jahnschule, einer der 15 Hamburger Schulen, die sich an der Aktionswoche beteiligen. Ein großes Schild „Parken verboten“ sperrte den Schulparkplatz symbolisch ab. Einige wären auch ein bißchen aggressiv geworden, aber etwa die Hälfte seiner 120 Kollegen kommt ohne Auto, schätzt Klaus Weber, Lehrer an der Jahnschule. Zum harten Autofahrerkern rechnet er ein Viertel des Kollegiums, und der Rest käme dann per PKW, wenn beispielsweise größere Dinge zum Unterricht zu transportieren seien. „Manche sind hier gar nicht erst vorgefahren, sondern haben ihr Auto gleich woanders versteckt“.

Ein Training in öffentlichem Nahverkehr absolviert zur Zeit der Schulleiter der Jahnschule. Karl- Heinz Mellar probiert aus, wie er mit dem HVV am besten von Hittfeld zur Arbeit kommt. „Eine halbe Stunde brauche ich mit dem Wagen, mit dem Bus dauert es etwas mehr als eine Stunde“ . Die Jahnschule will demnächst Berater des HVV einladen, die zusammen mit Lehrern und Schülern die besten Anreisewege austüfteln sollen.

Es sind aber nicht nur psychologische Barrieren, die Lehrer, Eltern und Schüler vom Ausstieg abhalten. So sind einige Schulen auf mehrere Standorte verteilt, und der Stundenplan ist so organisiert, daß Lehrer ihn nur einhalten können, wenn sie mit dem Auto von einem Schulgebäude zum anderen rasen. Die Einstellungspraxis der Schulbehörde kritisiert der Lehrer Holger Schwetscher. Er hat sein Referendariat in Blankenese absolvieren müssen und wohnte in Rahlstedt - für das Fahrrad einfach zu weit.

Die ungünstigen Einzugsbereiche

1sind ein Grund dafür, warum viele Eltern ihre Kleinen mit dem Auto zur Schule bringen. So kommen die SchülerInnen der Grundschule Kielortallee zum Teil aus der Isestraße, ein Weg, der für ABC- Schützen zu Fuß zu weit ist. Viele Eltern fahren ihre Kinder auch des-

1halb, weil der Schulweg auf Grund des vielen Verkehrs nicht sicher ist — und verursachen selbst noch mehr Verkehrsunfälle.

Auf dem Weg zur autofreien Schule müßte also noch einiges passieren. Um für die Verkehrsberuhigung von Bogenstraße und

1Schlankreye zu demonstrieren, will die Verkehrsinitiative der Jahnschule zum Abschluß der Aktionswoche „Autofreie Schule“ Schulen und Kindergärten der Umgebung anlaufen. Vera Stadie

Treffpunkt ist Freitag 11.15 Uhr vor der Jahnschule.