Wird das Metropol stillschweigend trockengelegt?

■ »Kaum noch regierbar«: Für die neue Spielzeit bleibt der Operettenbühne an der Friedrichstraße kaum noch Handlungsspielraum

Viel schlauer sei er nach der Kulturausschußsitzung vom Montag auch nicht, gab Metropol-Intendant Werner F. Seiferth gestern vor der Presse zu. Vielmehr sei das Metropol wohl im Kultursenat nicht viel mehr als ein »Diskussionsanlaß für Leute, die sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben«. Eine recht vorsichtige Formulierung für die Ratlosigkeit des Kulturausschusses, der sich auch in seiner letzten Sitzung zu nicht mehr durchringen konnte als zu einer vagen Empfehlung, das künstlerische Profil der Bühne mitsamt seinem Operetten- und Musicalrepertoire zu erhalten (die taz berichtete gestern).

Solange aber keine endgültige Entscheidung — und vor allem ein solides Finanzierungskonzept — für das Metropol getroffen worden ist, steht es auch um die Gegenwart der Operettenbühne an der Friedrichstraße schlecht. Denn der Handlungsspielraum für Intendant Seiferth ist derzeit denkbar gering. Sein Etat reicht hinten und vorne nicht, notwendige Instandsetzungsarbeiten, die das Haus in die Lage versetzen würden, dem hohen Professionalisierungsdruck etwas entgegenzusetzen, lassen auf sich warten, und langsam laufen dem Theater nun auch noch die Sänger weg. Ein rigider Einstellungsstop bindet Seiferth die (leeren) Hände. Lediglich bestehende Verträge mit dem künstlerischen Personal durften für ein weiteres Jahr verlängert werden — ein Zustand, der zukunftweisende Personal- und Repertoireplanung unmöglich macht. Immerhin: Anders als im Friedrichstadtpalast gab es am Metropol bisher keine Kündigungen. Trotzdem hält Werner Seiferth das Haus für »kaum noch regierbar«.

In dieser vielleicht letzten autonomen Spielzeit will und muß sich das Metropol nun künstlerisch erst recht beweisen. Den »Zauberer von Ozz« haben sie sich dafür vorgenommen, ein dankbares Stück für Jung und Alt, das dem betulichen Theater neue, jüngere Zuschauerschichten zuführen soll. Wo immer es möglich ist, ringt man um Anschluß an den internationalen Standard: Eine jüngst installierte neue Tonanlage soll mehr Bewegung auf der Bühne gewährleisten — nun laufen auch Dorothy und der Blechmann mit einer Micro- Port-Anlage auf der Stirn über die Bühne — und gerne betont Intendant Seiferth, daß der »Zauberer von Ozz« in einer Bühnenfassung der Royal Shakespeare Company gespielt werden wird. Ganz so kosmpolitisch, wie es auf den ersten Blick scheint, wird aber wohl auch diese Inszenierung nicht werden. Klaus Eidam hat die Vorlage ins Deutsche übertragen — ein Autor, der bereits zu DDR-Zeiten zwei lizenzierte Fassungen für das Publikum des Arbeiter- und Bauernstaates einrichtete.

Doch recht deutlich zieht sich das Metropol mit dieser Entscheidung auf seine Ost-Tradition und damit auf sein angestammtes Publikum zurück. Angesichts des harschen Konkurrenzdrucks mit den Westbühnen ist das wohl keine schlechte Entscheidung. Allerdings darf niemand vergessen, daß die Entscheidungen über Wohl und Weh des Metropols dann doch von Westlern getroffen werden, die gerade dabei sind, die Bühne stillschweigend trockenzulegen. Klaudia Brunst