»Wir tragen die Verantwortung«

■ Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU) zur geplanten Verlegung der Asylstelle von Tiergarten nach Hohenschönhausen in die Ferdinand-Schultze-Straße / »Es gibt zur Zeit keine Alternative«

taz: Herr Jäger, was ist Ihr persönliches Verhältnis zu Ausländern, konkret zu Asylsuchenden?

Armin Jäger: Das ist schwierig auszudrücken, aber ich versuche es einmal. Wir haben hier als Verwaltung eine Aufgabe zu bewältigen...

Ich fragte nach Ihrem persönlichen Verhältnis.

Das ist vom dienstlichen nicht zu trennen. Das Begehren der Asylbewerber nach Asyl in der Bundesrepublik muß geprüft werden. Als Staatsbürger und Privatmensch gehe ich davon aus, daß die geltenden Gesetze von der Verwaltung zu vollziehen sind.

Auf Ihren Beschluß hin soll die Asylstelle von Tiergarten nach Hohenschönhausen in die Ferdinand- Schultze-Straße verlegt werden, in voller Kenntnis der dort drohenden Gefahr für diese Menschen. Das ist doch ein sehr ausländerfeindlicher, menschenverachtender Akt.

Das sehe ich nicht so. Wir haben die Möglichkeiten geprüft, um aus dem Bereich der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer einzelne Arbeitsgebiete auszugliedern, zu entzerren und die Warteschlangen zu verkürzen.

Warum wird die Asylstelle nicht in ein zentraler gelegenes, sichereres Gebäude in der Innenstadt ausgegliedert?

Wir haben zur Zeit keine andere Möglichkeit, diesen Asylbereich auszugliedern. Nachdem wir alles sehr sorgfältig geprüft haben, ist letztendlich nur das große Zentrum an der Ferdinand-Schultze-Straße übriggeblieben.

In der taz vom vergangenen Freitag sind neun vollkommen oder teilweise leerstehende Bundes- und Landesgebäude aufgelistet. Es gäbe also Alternativen.

Die in der taz veröffentlichten Gebäude gehören zum größten Teil dem Bund. Für alle Gebäude im Eigentum Berlins sind Nutzungen vorgesehen. Wir haben hier in Berlin einfach einen ungedeckten Raumbedarf und keinen Grundstücks- und Bürobestand, unter dem wir auswählen können.

Sie könnten Bonn doch bezüglich der leerstehenden Bundesgebäude auf die Füße treten. Brandenburg hat dies am vergangenen Wochenende sehr anschaulich vorgemacht: In Kolkwitz besetzten Behördenmitarbeiter einen ehemaligen Luftwaffenstützpunkt der NVA, um dort Asylsuchende unterzubringen.

Besetzen durch Behörden halte ich nicht für den richtigen Weg der Beschaffung von Bürogebäuden.

Was für ein Gebäude wird für die Asylstelle, die ohnehin nur noch ein halbes Jahr existieren soll, konkret benötigt?

Wir haben einen Raumbedarf, in dem die Mitarbeiter pro Tag zwischen 100 und 200 Antragsteller abfertigen können. Die Quadratmeterzahl kann ich nicht aus dem Handgelenk sagen, es müßten aber mindestens 15.000 qm Nettofläche sein.

Würden Sie zugreifen, wenn Ihnen ein anderes Gebäude angeboten würde?

Wenn es geeignet und sofort nutzbar wäre, würde ich sofort zugreifen. Wir stehen jedoch unter sehr hohem Zeitdruck, weil die ADV-Anlage der Ausländerbehörde vor der Ausgliederung der Asylstelle wegen Raummangels nicht in Betrieb gehen kann. Viele Arbeiten der Ausländerbehörde könnten dann erheblich schneller erledigt werden.

Ist Ihnen bekannt, wie schlecht die Verkehrsanbindung in die Ferdinand-Schultze-Straße ist?

Wir sind hier in Verhandlung mit den Verkehrsträgern, um die Anbindung zu verbessern. Zum Bespiel wird geprüft, ob ein Zubringerbus eingerichtet wird.

Wann soll die Asylstelle in der Ferdinand-Schultze-Straße genau in Betrieb gehen?

Wir möchten spätestens am Ende dieses Monats mit der Arbeit beginnen.

Ab wann wird die Wärmehalle dort morgens geöffnet sein?

Ich gehe davon aus, daß der Aufenthaltsraum vor den offiziellen Öffnungszeiten der Behörde zugänglich sein wird. Aber ich appelliere an die Besucher der Dienststelle, nicht zu früh zu kommen, weil die Abfertigung dort so zügig passiert, daß es keine riesigen Schlangen geben wird.

Wie soll die Sicherheit der Asylsuchenden auf dem Weg zur Asylstelle und dem ehemaligen Stasi- Gelände gewährleistet werden?

Mit der Polizei ist abgesprochen, daß dieser Bereich besonders beobachtet wird und ein entsprechendes Kräftepotential zur Verfügung steht.

Hier soll beileibe nichts herbeigeredet werden, aber es ist nun mal Fakt, daß es in Hohenschönhausen schon diverse Brandanschläge auf Ausländerwohnheime gab und sich dort erst unlängst mehrere hundert Fremdenfeinde zum Angriff sammelten.

Die Polizei hat hier aber sehr schnell und rigoros reagiert.

Aber wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es zu spät.

Ich wehre mich dagegen, daß wir uns vom Mob der Straße diktieren lassen, wie und wo wir unsere Verwaltungsgeschäfte abwickeln.

Und riskieren damit auf der anderen Seite, daß Menschen zu Schaden kommen.

Das muß ich zurückweisen, weil ich so etwas nur unter den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen machen lasse. Im übrigen glaube ich, daß die Diskussion um den Standort Hohenschönhausen erst Aufmerksamkeit erregt hat.

Im Bezirksamt haben sich schon viele Anwohner beschwert.

Man kann es nicht dulden, daß die Bevölkerung gegen jede Einrichtung Sturm läuft, die mit Ausländern zu tun hat.

Ist Ihnen bewußt, daß Sie und Innensenator Heckelmann die politische Verantwortung für das Wohl der Asylsuchenden tragen?

Das ist mir vollkommen klar. Interview: Plutonia Plarre