Quelle schlägt ihre Kaufhäuser los

■ Europas größtes Versandhaus verkauft 14 Warenhäuser an Hertie, Wöhrl, Sinn und Leffers/ Ausbau des stationären Einzelhandels und Versandgeschäfts soll weiter vorangetrieben werden

Fürth (AP/dpa/taz) — Grete Schickendanz krempelt ihren Laden um: Die Quelle-Gruppe trennt sich ab März nächsten Jahres von 14 ihrer insgesamt 20 Warenhäuser in Deutschland. Wie der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Klaus Mangold, gestern bekanntgab, werden zehn Kaufhäuser vom Frankfurter Hertie-Konzern, zwei weitere vom bayerischen Textilunternehmen Wöhrl sowie je ein Haus von den Mode- und Textilbetrieben Sinn und Leffers übernommen. Das Versandhaus, der Kern des Schickdanz-Imperiums, soll sich künftig stärker auf ihre umsatzstärksten Geschäftsfelder konzentrieren — den Versand- und technischen Einzelhandel. Zwar befand sich der Umsatz und der Ertrag der Quelle-Kaufhäuser in den vergangenen Jahren in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend, doch das nicht zufriedenstellende Betriebsergebnis zwang die Schickedanz zum Handeln. Der wachsende Konzentrationsprozeß des europäischen Handels zwinge alle Wettbewerber, sich stärker auf ihre Kerngeschäfte zu orientieren, so Mangold.

In den Bereichen Technik und Elektronik ist Quelle eigenen Angaben zufolge bundesweit umsatzstärkster Anbieter. Insgesamt erzielte die Versandgruppe im stationären Einzelhandel 1991/92 einen Umsatz von 4,8 Milliarden Mark — ein Zuwachs von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gesamtumsatz der Quelle-Gruppe im In- und Ausland belief sich im abgelaufenen Geschäftsjähr auf 14,7 Milliarden Mark.

Im Zuge der Neustrukturierung will sich der Fürther Konzern zum Jahresanfang 1993 auch von der Möbel-Tochter Hess trennen. Das in Süddeutschland mit rund 300 Mitarbeitern in acht Filialen tätige Unternehmen wird von der Augsburger Firma Möbel-Lederle übernommen. Mit dem Verkauf der 14 Warenhäuser und der Firma Möbel Hess gibt der Familienkonzern nach eigenen Angaben ein Umsatzvolumen von rund 500 Millionen Mark ab. Vor den Warenhäusern in Darmstadt, Eriskirch, Erlangen, Fürth, Hagen, Koblenz, Neckarsulm, Regensburg, Rottweil und Senden werden künftig die rot-weißen Hertie-Fahnen wehen; die Kaufhauskette will etwa 20 Millionen Mark in die zehn neuen Häuser investieren. Der Textiler Wöhrl führt künftig Regie über die Quelle-Häuser in Berlin-Wilmersdorf und Kempten; der Konkurrent Letters übernimmt das Kaufhaus in Berlin-Neukölln, Sinn das in Essen. Quelle ist an beiden Unternehmen mehrheitlich beteiligt. Mit dem Betriebsrat werde noch darüber verhandelt, wie soziale Härten vermieden werden könnten.

Quelle will sich in den nächsten Jahren die Kerngeschäftsfelder Versand und Facheinzelhandel weiter ausbauen. So soll die Zahl der technischen Fachgeschäfte bis 1994 von derzeit 152 auf über 200 ausgeweitet werden. Quelle ist in Deutschland neben dem Versand mit über 6.400 Geschäften und Agenturen sowie dem technischen Kundendienst flächendeckend vertreten. Der traditionsbewußte Familienkonzern unter der Leitung der Verwaltungsratsvorsitzenden Grete Schickendanz hat nicht nur mit Großeinkäufen ein Firmenimperium aufgebaut, sondern mit Zielstrebigkeit eines der größten deutschen Privatvermögen agglomeriert. Zur Schickendanz-Gruppe zählen neben dem Versandhaus Quelle diverse Mode- und Textilfilialisten wie Leffers und Sinn, Spezialversender wie Schöpflin, Peter Hahn, Elegance, Madelaine oder technische Häuser wie Foto-Quelle und Apollo-Optik. Auch die Quelle Bank, die Noris Bank und die Quelle Bauspar AG zählen zum Firmenbesitz. Die Versandgruppe macht mit einem Jahresgewinn von rund 250 Millionen Mark jedoch noch immer gut 90 Prozent der Erträge aus den unternehmerischen Aktivitäten der Familie aus. es