Vierstündiger Angriff auf Flüchtlinge

■ In Wismar in Mecklenburg-Vorpommern belagerten Ausländerfeinde das Asylbewerberheim

Wismar (dpa/AFP/taz) — In der Hansestadt Wismar eskalierte am Montag abend eine zunächst kleine Schlägerei zu einem vierstündigen Angriff einer Gruppe von rund 30 Jugendlichen auf das städtische Asylbewerberheim. Mit einer Polizeikette verhinderten 24 Beamte die Erstürmung der Ausländerunterkunft. Keiner der Bewohner wurde verletzt. Die Polizei nahm elf Jugendliche fest und stellte mehrere Waffen wie Messer, Baseballschläger und eine Eisenkette sicher. Die abziehenden Randalierer kündigten eine erneute Attacke gegen die Ausländer für die gestrige Nacht an.

Am Rande eines Volksfestes hatte sich nach Polizeiangaben am Abend eine Schlägerei zwischen einem einheimischen Jugendlichen und einem rumänischen Asylbewerber entwickelt. Dabei wurde der Wismarer mit einem Messer verletzt. Nachdem der Jugendliche rechtsradikale Parolen geschrien hatte, sammelten sich auf dem Marktplatz rund 30 Jugendliche. Bis Dienstag 02.00 Uhr warfen die Randalierer Steine und zwei Molotowcocktails gegen das Haus.

Zwei Männer drangen bereits in der Nacht zum Freitag in eine Asylbewerberunterkunft in Mücheln bei Halle ein. Nachdem sie den Zaun um die Baracke des ehemaligen Kindergartens überwunden und Fensterscheiben zerstört hatten, kletterten sie in ein Zimmer, in dem drei Kinder einer jugoslawischen Familie schliefen. Sie traten nach den Kindern und riefen ausländerfeindliche Parolen. Die Eltern und Nachbarn konnten die Männer schließlich in die Flucht schlagen.

Jugendlichen warfen am Montag gegen 23.00 Uhr drei Brandsätze gegen ein Asylbewerberheim im Dresdner Stadtteil Prohlis. Die Polizei nahm vier tatverdächtige Jugendliche fest.

Anschlag im Saarland verhindert

Saarlouis (taz) — In Saarlouis konnte die Polizei am Montag nur aufgrund eines anonymen Hinweises in letzter Minute eine Rohrbome in einem Flüchtlingsheim entdecken und entschärfen. Ein Anrufer hatte am späten Nachmittag bei der Polizei mitgeteilt, daß sich in der erst seit kurzem eingerichteten Außenstelle des Landesaufnahmelagers für Flüchtlinge eine Bombe befinde. In dem Haus wohnen mehr als 100 Menschen. Die Bombe war mit einem als Zeitzünder dienenden Wecker scharfgestellt unter einer Treppe versteckt. Zusätzlich hatten die Täter neben der Bombe ein Explosionsgemisch deponiert. Die Folgen der Explosion wären katastrophal gewesen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) auf Anfrage. Die Qualität der Bombe stufen Ermittler des LKA als „professionell“ ein.

Erst in der vorletzten Woche hatte es in einem anderen Saarlouiser Flüchtlingsheim einen Brandanschlag gegeben, den die BewohnerInnen aber rechtzeitig entdecken konnten. Dieser Anschlag hatte dem Heim gegolten, in dem auch die Flüchtlinge untergebracht sind, die nach einem Anschlag vor genau einem Jahr aus einem Saarlouiser Vorort-Heim dorthin evakuiert worden waren. Bei dem Anschlag war der Ghanaer Samuel Yeboah ermordet worden.

Am Montag hatten Unbekannte an einer Gasleitung eines Wohnhauses, in dem auch Flüchtlinge wohnen, manipuliert. Nur durch einen Zufall entdeckten die Bewohner den gefährlichen Eingriff. krum

Flüchtlinge aus Quedlinburg verlegt

Magdeburg (AFP) — Als Kapitulation des Rechtsstaates vor der Gewalt von rechts haben die mitregierende FDP und die Opposition in Sachsen- Anhalt die Entscheidung von Innenminister Hartmut Perschau (CDU) kritisiert, die Asylbewerber aus dem belagerten Flüchtlingsheim in Quedlinburg umzuquartieren. „Es ist nicht zu vertreten, daß den Rechtsradikalen nachgegeben wird“, sagte der FDP-Fraktionschef Hans-Herbert Haase. „Der Rechtsstaat hat kapituliert“, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Höppner. Perschau hatte am Vortag veranlaßt, die nach einer Woche ausländerfeindlicher Unruhen in dem Quedlinburger Flüchtlingsheim verbliebenen Asylbewerber aus der Kleinstadt zu verlegen. Die Asylbewerber müßten von dem unmenschlichen psychischen Druck befreit werden, begründete Perschau diese Entscheidung.