Remedacen auch geeignet

■ Sachverständiger verteidigt Arzt, der Süchtigen Hustenmittel verschieb

verteidigt Arzt, der Süchtigen Hustenmittel verschrieb

Medizinischen Sachverstand mußte gestern das Hamburger Sozialgericht zur Beweisaufnahme heranziehen: Auf Klage des Arztes Norbert Strothmann soll das Gericht feststellen, ob die Behandlung von Heroinabhängigen mit dem codeinhaltigen Hustenmittel Remedacen eine zweckmäßige Krankenbehandlung darstellt. Als beklagte Partei mußte gestern die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg vor den Richtern erscheinen: Sie hatte den Sinn einer solchen Remedacensubstitution bestritten und von Strothmann Behandlungskosten in Höhe von 88000 Mark zurückgefordert.

Der Arzt hatte bereits 1987 mit der Verschreibung von Remedacen begonnen - überwiegend an langjährige Heroinkonsumenten, bei denen keine Aussicht auf eine erfolgreiche Abstinenzbehandlung bestand, wie der Arzt gestern dem vorsitzenden Richter Wolkenhauer erklärte. Die KV erkannte die Abrechnung des Arztes nicht an. Erst seit 1990 ist die Finanzierung der Behandlung durch die Sozialbehörde gesichert.

Ein substitutionserfahrener Göttinger Arzt sollte daher gestern als Sachverständiger vor dem Gericht Klarheit in den medizinischen Grundsatzstreit bringen. Seine Stellungnahme fiel eher zugunsten Strothmanns aus: Zwar solle das Ziel jeder Drogenbehandlung die Abstinenz sein. Doch mache der Mangel an Therapieplätzen und die Erkenntnis, daß viele Heroinabhängige schlichtweg nicht abstinent leben könnten, dies fast unmöglich. Eine Substitutionsbehandlung sei für diese Patienten die richtige, da sie die Sterblichkeits- und Infektionsrate mit HIV und Gelbsucht senkt.

Methadon sei dabei das Mittel erster Wahl, da es nur einmal täglich eingenommen werden müsse, aber auch Remedacen sei geeignet. Die Verschreibung von Methadon ist in Hamburg jedoch für Ärtze erst seit 1990 risikolos möglich. Der Prozeß wird fortgeführt. sako