Zeitung gelesen statt navigiert

■ Kapitän der „Seute Deern“ wegen Brückenbums vor dem Seegericht

Allzu flüchtiges Zeitungsstudium kann teuer werden. Diese Erfahrung machte der Hamburger Kapitän Karl Schmidtke (64), der sich am Mittwoch einem Seeverhör im dänischen Svendborg stellen mußte, nachdem er am Vortag mit dem Segelschiff „Seute Deern“ die noch im Bau befindliche Brücke über den Großen Belt gerammt hatte.

Als sich die in Oldenburg beheimatete „Seute Deern“ (105 BRT) mit 23 überwiegend jugendlichen Besatzungsmitgliedern an Bord der halbfertigen Brücke über den Großen Belt näherte, erinnerte sich Kapitän Schmidtke, daß er ein paar Wochen zuvor etwas über die Durchfahrtshöhe in der Zeitung gelesen hatte. Dort stand, daß Dänemark Schadensersatz an Finnland wegen der mit 60 Metern zu niedrigen Durchfahrtshöhe zu zahlen hätte. Für die „Seute Deern“, mit ihren jeweils 28 Meter hohen Masten würde das ja dicke reichen, dachte der Kapitän und hielt auf die Brückendurchfahrt zu. Er hatte aber nicht genau genug gelesen, denn die 60 Meter gelten nur für die östliche Hälfte der Brücke, während die Durchfahrtshöhe im westlichen Teil, wo die „Seute Deern“ segelte, lediglich 18 Meter beträgt. Alles weitere kam, wie es kommen mußte: Das Schiff rammte die Brücke und verließ sie mit um jeweils zehn Meter verkürzte Masten. Immerhin wurde niemand verletzt, auch die Brücke blieb unbeschädigt.

In Dänemark schüttelte man am Tag danach einhellig den Kopf. Bauarbeiter auf der Brücke berichteten, sie hätten noch geschrien: „Wenden, wenden“, vom Schiff aber nur fröhliches Winken als Reaktion bekommen.

Ein Sprecher des Seegewerbeamtes in Kopenhagen erklärte, man rechne fest damit, daß der Kapitän in Deutschland juristisch für seinen Fehler belangt werde. Wäre er Däne, müsse er mit einer Strafe wegen „grober Fehler und Fahrlässigkeit“ rechnen. Unter anderem, weil er sich auf eine zufällige Zeitungslektüre verließ, statt wie vorgeschrieben die geltenden Regeln über zugelassene Routen zu studieren. dpa