Der Theatermacher — einsam

■ Hans-Günther Heyme auf dem „Bremer Sessel“: Die Nackten bleiben!

Nicht auf dem heißen Stuhl, sondern auf einem breiten, mächtigen, schwarzen „Bremer Sessel“ nahm Hans-Günther Heyme am Dienstag abend in der Handelskammer mit seinem ganzen Intendantengewicht Platz. Der kaufmännische Verein „Union von 1801“ hatte zu einer weiteren Folge der beliebten Veranstaltungsreihe „Bremer Sessel“ geladen. Als „Klassikerkiller“ führte Moderatorin Margot Walther den Mann ein, der seit Jahren die anti

hier die Nackten

ken Griechen auf der Bühne zu neuem Leben erweckt und vor dem Handelskammer-Publikum von Wielandscher Übersetzung und Sprache schwärmte.

Überhaupt die Sprache, da ist er penibel, der Theatermacher: Um jedes Komma ringt er in den Proben, „aber das ist dann in der Aufführung auch da“. Sprachgewaltig ist er, seine Stimme füllt den Raum auch ohne Mikro. Und wie er den Bremer Honoratioren, die, wie ein langjähriger Theater

gänger bekannte, endlich „kein nacktes Personal“ mehr auf ihrer Bühne sehen wollen, erzählte, wie er das Stuttgarter Theater leergespielt hat — das macht ihm so schnell keiner nach. Die Nackten könne er uns nicht ersparen, versprach der Intendant.

Ob Stücke wie „Nathan der Weise“, die in der kommenden Spielzeit auf dem Programm stünden, nicht etwas veraltet seien, wird er gefragt. Das kann der Intendant nicht finden: „Die Welt hat das Problem, daß sie zu alt ist.“ Selbstbewußt verkündet er Kompromißlosigkeit: „Wir werden dafür bezahlt, die Politik zu ärgern und Sie zu irritieren.“ Sponsoren braucht er dennoch, denn daß das Geld, das die Stadt Bremen ihm zu geben bereit ist, nicht reicht, „ist jetzt schon klar“. Im Ruhrgebiet hat Heyme sich den Ruf eines großen Orgnanisators erworben: Erfolgreich kämpfte er für den Erhalt des Essener Theaters undd gegen das Theatersterben in Nordrhein- Westfalen. Den dümpelnden Ruhrfestspielen hauchte er neues, europäisches Leben ein und machte aus dem schlichten, gewerkschaftlich geprägten Pflichtprogramm ein Festival der Theatersensationen.

Und nun ist der Theatermann natürlich auch in Bremen auf Sponsorensuche. Daß das hier nicht einfach ist, hat er schon erkannt: „Die wenigen Firmen, die als Sponsoren infrage kommen, kann man im Katalog des Musikfestes nachlesen, und bei denen klopfen natürlich alle an.“ Doch aus ihrer „Verpflichtung, das zu finanzieren, was über den Alltag hinausgeht“, möchte Heyme die Industrie nicht entlassen.

Er weiß, daß er es nicht leicht haben wird in dieser Stadt: „Ein Theaterpublikum in dem Sinne gibt es im Augenblick in Bremen nicht.“ Doch Widerstände reizen den Mann, der als Junge einem Leichtathletikverein beitrat, weil er im Sport von allen anderen ausgelacht wurde. Und nicht zuletzt ist er sich im Klaren darüber, wie schwer es ist, „in dieser medial verseuchten Gesellschaft wieder zur Sprache zu animieren“. Auch zur Bühnensprache: „Die Theaterschlachten sind subtiler und einsamer geworden.“ Diemut Roether