Richterin rüffelt Zivildienstamt

■ Bundesamt „bügelt standardmäßig ab“ / Mildes Urteil für Totalverweigerer

Das Bundesamt für den Zivildienst hat sich gestern beim Bremer Amtsgericht Beulen geholt. In einem Prozeß gegen einen Totalverweigerer kritisierte die Bremer Jugendrichterin Segond, das Kölner Bundesamt für Zivildienst habe „standardmäßig“ den Totalverweigerer Ole V. „abgebügelt“. Es sei nicht „sorgfältig mit Grundrechten umgegangen“. Es hätte überprüfen müssen, ob eine Gewissensentscheidung vorliegt. Und dann hätte das Amt gegebenenfalls den Einberufungsbescheid zurücknehmen müssen.

Ole V. wurde vom Amtsgericht Bremen wegen Dienstflucht verurteilt. Das Gericht sprach eine Verwarnung aus. Das war das günstigste aller möglichen Urteile in einem Totalverweigerugsprozeß. Ole V., anerkannter Kriegsdienstverweigerer, hatte seinem Einberufungsbescheid zum Zivildienst 1991 nicht Folge geleistet. Die Jugendrichterin Segond erkannte Vs Gewissensgründe an. Vor Gericht habe er aber erklärt, daß er auf jeden Fall den Dienst verweigern würde. Damit begehe er eine Straftat weil „die allgemeine Wehrpflicht verfassungskonform ist“

„Der Zivildienst ist ein waffenloser Wehrdienst, der die staatliche Kriegsführung unterstützt“, sagte V. in der Verhandlung. In seinem Plädoyer wurde Staatsanwalt Zorn grundsätzlich: „es entspricht staatlichen Verfaßtheit, daß ausgewählte Gruppen nach dem Befehls-und Gehorsamsprinzip verpflichtet werden. Das dient dem Schutz der Schwachen.“ Dem Angeklagten müsse durch einen „kurzen scharfen Schock sein Fehlverhalten vor Augen geführt werden: Eine Arrestverhängung von 3 Wochen hätte diesen Effekt“.

Rechtsanwalt Werner plädierte auf Freispruch. Ohne wirklichen Schaden anzurichten, habe Ole V.lediglich ein „Unterlassungsdelikt begangen“. Sein Gewissen verbiete ihm „auch den Zivildienst, weil er für den Kriegsfall eingeplant ist.“

M.B.