Unterricht in stinkenden Baracken

■ Gesundheitsamt schnüffelte Probe / Unterrichtsprovisorien verfallen

An die Baracken hatten sich fast alle im Schulzentrum Habenhausen schon gewöhnt. — In letzter Zeit fing es allerdings so penetrant an zu stinken, daß die Gesundheitsbehörde zum Schnuppern kam und nur noch stündlichen Unterricht empfahl. Und das auch nur bis Ende des Jahres. Ein Ersatz der seit den 60er Jahren vor sich hin gammelnden Baracken ist nicht in Sicht.

Die zuständige Behörde vertröstete immer wieder Eltern und Schulleitung. Doch die blieben nicht untätig: Am Dienstag abend luden die Betroffenen Bildungssenator Henning Scherf zu einer Podiumsdiskussion ein und forderten von ihm ein klares Konzept gegen die Raummisere. An die 250 unzufriedene Eltern nahmen die Gelegenheit wahr, ihren Unmut an oberster Stelle loszuwerden. „Wir lassen uns nicht länger verschaukeln“, meinte Elternsprecherin Heidrun Huthoff. „Woher kommen die üblen Gerüche“, fragten die aufgebrachten Eltern. Der Bildungssenator wußte es nicht, und Hermann Busse, zuständig für Schulplanung und -entwicklung, konnte nur vermuten: „Reinigungsmittel könnten in die Bodendämmung gesickert sein.“

Das war den anwesenden Eltern zu wenig. Im Mai letzten Jahres hatte die Gesundheitsbehörde die ersten vier der zwölf Räume auf dem Schulhof sperren lassen. Seit Beginn des neuen Schlujahrs ist nach behördlicher Empfehlung ein Dauerunterricht auch in den anderen, von der Grundschule genutzten Mobilbauten den SchülerInnen nicht mehr zuzumuten. „Die Situation sieht vor allem für die GrundschülerInnen katastrophal aus“, schilderte ein Vater. „Den Vorschlag der Bildungsbehörde — einen Nachmittagsunterricht für die Zweit- bis Viertklässler einzuführen — haben wir erfolgreich boykottiert.“ Jetzt gebe es dafür Unterricht in wechselnden Klassenräumen und viel zu enge Kleingruppenräume für die Erstklässler, bemängelte er. „Was gedenkt der Senator für die Habenhausener zu tun?“, das war die große Frage an den Chef der Bildungsbehörde. „Von den Mobilbauten wünscht man sich eininge auf den Schrott“, sagte Scherf, doch sei er weder Weihnachtsmann noch Osterhase, der einen tolerablen Raumersatz aus der Tasche zaubern könne. „Vor 1994 ist für einen festen Erweiterungsbau keine Mark übrig.“ Ein Festbau an der Grundschule sei die plausibelste Lösung, aber „versprechen kann ich nichts.“ Die nächsten zwei bis drei Jahre müsse man die „Unzulänglichkeiten“ erstmal mit Sanierungen überbrücken.

Sanierungsmittel sind aber erst im nächsten Haushalt veranschlagt, so Busse, also: vor 1994 wird es auch keine Sanierung der baufälligen Baracken geben. Unmut bei Schulleitung und versammelter Elternschschaft.

„Sie bescheißen uns“, machte Elternsprecherin Huthoff ihrem Ärger Luft. „Wir brauchen eine sofortige Lösung, und zwar heute.“ Sie warnte davor, daß eine Sanierung der Mobilbauten den Schulen als Endlösung untergejubelt werde. Für die aktuelle Behebung der Misere fordere sie von den Behörden die provisorische Anpachtung von 12 Containern — bis zur Fertigstellung der neuen Gebäude.

Von dieser „Containerlösung“ zeigte sich Scherf wenig angetan: „Sie sind die ersten Eltern, die bereit wären, diese unzulängliche Lösung in Kauf zu nehmen.“ Trotzdem werde er diese Forderung an die Deputation weiterleiten.

Magda Siemer, die Elternsprecherin der Grundschule: „Vielleicht müssen wir die Dinger abfackeln. Dann kriegen wir endlich Ersatz“. Marion Wigand