KOMMENTAR
: Tiefschläge aus der PDS

■ Croissant: Die Kreuzberger PDS bewältigt das Stasi-Regime

Die Erklärung der Kreuzberger PDS (siehe unten) zieht einem die Schuhe aus. Und zwar nicht wegen der Frage, ob der bundesdeutsche Staat das Recht zur Inhaftierung hat, weil er selbst mit dem Verfassungsschutz die westdeutsche Linke ausgeforscht hat. In der Verurteilung solcher Praktiken, unter der auch die taz jahrelang leiden mußte, war sich die Linke schließlich immer einig — so schien es jedenfalls. Die Fälle Dirk Schneider und Till Meyer haben aber bereits bewiesen, daß nicht entscheidend war, ob gespitzelt werden darf, sondern nur, ob die richtige Seite dies tut. Hanebüchen ist deshalb, die Untaten der westdeutschen Verfassungsschützer heranzuziehen, um Croissant auf diesem Umweg Absolution zu verschaffen. Ginge es nicht vielmehr um moralische und politische Werte, die die Linke für den Umgang untereinander formuliert? Ein Faustschlag ist deshalb auch, wenn die Kreuzberger PDS-Erklärung nicht ein Wort des Bedauerns über die Opfer der Spitzeleien verliert. Keinen Gedanken ist es wert, daß die Zielobjekte der Meyers, Schneiders und Croissants oder deren Freunde anschließend Opfer von Willkürmaßnahmen der DDR-Organe wurden. Wie anders denn als Tritt kann auch der Hinweis empfunden werden, die Opfer Croissantscher Spitzeleien sollten sich persönlich mit ihm auseinandersetzen. So bewältigt man die Spitzelei eines stalinistischen Regimes erfolgreich zur Privatangelegenheit — Millionen Ex-DDRler werden sich bedanken.

Jede Diskussion mit dieser politischen Horrorcombo ist überflüssig. Die Erklärung ist dennoch mehr als die Ausgeburt einer Randgruppe, die in einem grauslichen Totalitarismus jegliche stalinistische Handlungsweise für gerechtfertigt hält — auch innerhalb der Linken. Immerhin ist die PDS in Kreuzberg als demokratische Partei zur Wahl angetreten. Wie glaubwürdig kann aber ein Neubeginn der PDS sein, wenn Dirk Schneider Autor des Neuen Deutschland ist und solche Pamphlete von der PDS-Fraktion im Rathaus Schöneberg versandt werden? Gerd Nowakowski