Bakterien helfen bei Sanierung

■ Sanierungsbeginn am Goldbekhaus: Für 22 Millionen Mark wird der Boden gereinigt

Der Betrieb des Stadtteilzentrums „Goldbekhaus“ findet in den nächsten Monaten auf einer großen Baustelle statt. Bis Ende 1993 wird der Boden unter dem ehemaligen Fabrikgelände am Moorfurthweg entseucht. Grund: Teilweise 16 Meter tief reichen die Verunreinigungen mit Ölen (Phenol, Kresolen und Xylenolen) die der Desinfektionsmittel-Hersteller Schülke und Mayr dort zwischen 1889 und 1963 zur Produktion von Lysol und Sagrotan verwendet hat.

Wegen ihrer Bemühungen zur Bekämpfung der Cholera-Epidemie von 1892 wurde die Firma damals vom Hamburger Senat ausgezeichnet. Nun hat, 100 Jahre später, die Sanierung des ehemaligen Fabrikgeländes in Winterhude begonnen. Dabei garantiert eine spezielle Technologie, daß die alten Gebäude auf dem Sanierungsgebiet erhalten bleiben.

Die Freiflächen wurden in Vorarbeiten mit einer Betondecke überzogen. Durch diese Schutzschicht, die übel riechende Dämpfe vermeidet, werden 1268 Bohrungen niedergebracht. Wasser wird mit Hochdruck in die Löcher gepumpt. Diese sogenannten Schneidstrahlen lösen den Boden auf. Der anschließend in den Boden gepumpte „Mörtel“ drückt das schadstoffdurchtränkte Wasser-Boden-Gemisch an die Erdoberfläche.

Durch bis zu 100 Meter lange Schläuche wird die Flüssigkeit dann in bereitstehende Schuten geladen. Auf dem Goldbekkanal wird das hochgiftige Gemisch nach und nach von 200 Schuten zu einer biologischen Bodenbehandlungsanlage in Nähe der Köhlbrandbrücke gefahren.

„Mit einem Kostenumfang von rund 22 Millionen Mark ist das Projekt eins der größten im derzeit laufenden Flächensanierungsprogramm“, so Umweltsenator Fritz Vahrenholt. Mit dem durch Bakterienkulturen gereingten Boden sollen zum Teil die Bohrlöcher am Goldbekhaus wieder aufgefüllt werden. Das behandelte Wasser wird ins Siel eingeleitet. „Die Bakterien sterben nach dem Reinigungsvorgang ab, sobald sie keine Nahrung mehr bekommen“, erklärt Pressesprecher Kai Fabig. Ob sie vorher wirklich alle Gifte gefressen haben und ob nicht genauso schädliche Umwandlungsprodukte bei ihrem Einsatz entstehen, „darüber streiten die Gelehrten“. Torsten Schubert