: Rechts schwenkt, im Schweinsgalopp: Marsch
■ SPD-Bürgerschaftler auf Engholm-Kurs / Neuer Streit ums Asylrecht / Parteitag im Oktober / Auch CDU legt nach
/ Parteitag im Oktober / Auch CDU legt nach
Hamburgs Politiker auf den Spuren der großen Asyl-Politik. Wie bei den Bonner Vorbildern versuchen nun auch die Elb-Parlamentarier, sich gegenseitig rechts zu überholen. Und wie in Bonn demonstriert die CDU dabei Einigkeit, während bei der SPD die Fetzen fliegen.
Auf sozialdemokratischen „Konfrontationskurs“, so der Abgeordnete Uwe Voigt, ging am Mittwochabend zunächst ein Teil der Bürgerschaftsfraktion. Auf Initiative des früheren Fraktionschefs Paul Busse unterschrieben 34 der 61 SPD-Parlamentarier jene gemeinsame Erklärung zur Asylrechtsänderung aus dem Kieler Landtag, auf die sich im Nachbarland SPD und CDU geeinigt hatten. „Um Björn den Rücken zu stärken“, hieß es in der Bürgerschaft.
Die Fraktionsmehrheit stellte sich damit gegen den geltenden Parteitagsbeschluß der Hamburger SPD und ginge weit über das hinaus, was ihr Fraktionsvorsitzender Günter Elste vor zwei Wochen in der Bürgerschaft als Fraktionslinie dargelegt hatte.
Das Papier, in der die Änderung des Asylrechts in Anlehnung an den Engholm-Kurs gefordert wird, wurde am Mittwoch offenbar nicht einmal allen SPD-Fraktionsmitgliedern auf den Tisch gelegt. Auch nicht Fraktionschef Günter Elste, der das Vorgehen seiner Kollegen gestern so kommentierte: „Als ich davon gehört habe, habe ich mir einige von denen erst mal vors Brett geholt.“ Die Unterschriftenaktion sei unbedacht und habe überhaupt keinen Nutzeffekt.
In der Fraktionssitzung am Montag, so heißt es in SPD-Kreisen, hatten Busse und Genossen schon einen ähnlichen Vorstoß angeregt, waren aber vom Fraktionsvorstand abgewimmelt worden. Dies sei wenig hilfreich. Elste, der selbst eine Asylrechtsänderung nicht ausschließt, wiegelt trotzdem ab: „Es geht kein Riß durch die Fraktion.“
Vielleicht doch? Sozialdemokrat Uwe Voigt, Vorsitzender des Ausländerausschusses der Bürgerschaft, schimpfte gestern mächtig auf seine Kollegen. „Absolut kontraproduktiv, es klappt soundso nicht, die CDU im Schweinsgalopp rechts zu überholen.“
Gelegenheit dazu wird es auf einem Sonderparteitag der Hamburger Sozialdemokraten am 26. Oktober geben, der den Bundesparteitag im November vorbereiten soll. Auf ihm, so Parteichef Helmuth Frahm, werde es sicher auch Anträge geben, die den Pro-Asyl- Beschluß des Mai-Parteitags wieder kippen wollen. Frahm war gestern äußerst bemüht, angesichts der neuerlichen SPD-Querelen Fassung zu bewahren und die Asyl-Streit- Wogen nicht allzu hoch aufschäumen zu lassen: „Nicht überbewer-
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0ten, wir sind ein freies Land.“
Vielleicht beneidete er auch seinen CDU-Kollegen Dirk Fischer. Der Unions-Landesvorsitzende durfte gestern unwidersprochen noch mal einen Scheit aufs Asyl-
1Feuer legen. „Es sei unerträglich“, so Fischer, den vollen Sozialhilfesatz weiterhin uneingeschränkt auf jeden Asylbewerber anzuwenden. Er sei ein Anreiz, in Deutschland Asyl zu suchen. Uli Exner
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