„Die Leute haben die Schnauze voll“

■ Lesumer sind genervt von der „Multi-Kultur“ in der Peenemünder Straße

Alte Frauen trauen sich nicht mehr auf die Straße, AnwohnerInnen werden beklaut, es wird mit harten Drogen gedealt, in den Büschen liegen Spritzbestecke, die Nachbarn werden durch laute BewohnerInnen belästigt: Das Übergangswohnheim an der Peenemünder Straße im Bremen- Norder Stadtteil Burglesum ist für AnwohnerInnen und Beirat ein "Hort der Kriminalität". Den wollen die Hobbypolitiker jenseits der Lesum nicht mehr dulden: Der Beirat verabschiedete Dienstagabend denn auch fast einstimmig einen umfangreichen Antrag, dessen zentrale Forderungen von der SPD stammen.

Sozialsenatorin Irmgard Gaertner und Hans Leppin, Leiter des Amtes für soziale Dienste, waren zur Beiratssitzung gekommen. „Die Leute haben die Schnauze voll“, umriß Oliver Koller (FDP) die Lage, und erntete erntete dafür heftiges Kopfnicken und zaghaften Applaus.

Ginge es nach den Burglesumern, würden die Asylbewerber „ausgewogener“ ethnisch verteilt, es gäbe in der Peenmünder Straße Außenstellen des Sozialamtes und der Polizei und andere Stadtteile bekämen mehr Zuwanderer ab. Ebenso selbstverständlich war für den Beirat die Erhöhung des derzeitigen Betreuungsschlüssels von derzeit zweieinhalb auf vier bis fünf Kräfte je 100 Flüchtlinge. Weitere Forderungen: Registrierung der Asylbewerber, um Mehrfachanträge zu verhindern, eine Abschiebung solle bei schweren Straftaten auch während des laufenden Asylverfahrens möglich sein, die freiwerdende Wilhelm-Kaisen-Kaserne soll voll dem sozialen Wohnungsbau zugute kommen.

„Am schlimmsten sind die Schwarzen“, meldete sich einer der Betroffenen polternd und unter Applaus zu Wort. Durch sie seien die Grünanlage verdreckt. Zudem führen „die Afrikaner“ ausschließlich mit dem Taxi in die Stadt und kämen in der Nacht mit großem Palaver zurück. Andere AnwohnerInnen: Gesprächsthema seien der Drogenhandel und die allabendlich vom Übergangswohnheim ausgehende Lautstärke. Vor allem alte Leute hätten Angst, sie trauten sich bei Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Auffallend sei die gute Kleidung der Schwarzen.

Ein Bewohner: „Ich war in Afrika und habe dort das Elend gesehen. Man muß den Leuten vor Ort helfen. Sein Nachbar: Man sieht ihnen die Belastung politischer Verfolgung nicht an“. Eine Geschäftsinhaberin indes hat „überwiegend gute Erfahrungen gemacht, aber man merke, daß „sehr viel Alkohol konsumiert“ werde. Und ein Burglesumer hat "neulich mit zweien gesprochen, es waren ganz vernünftige Leute“.

Elli Aulfes (SPD): „Die Menschen haben ihre eigene Auffassung von Kultur. Das kann man abstellen. Es geht schließlich auch um die Menschen, die hier leben. Im Urlaub geht man ja auch als Deutscher nicht kurzärmelig in eine Moschee.“ Die Forderungen nach Toleranz und Akzeptanz gingen manchmal zu weit. Dies müßte auch die AsylbewerberInnen einsehen.

Solche Äußerungen bestürzten die Vertreter des betreuenden Arbeiter-Samariterbundes. Landesvorsitzender Claus Gehlhaar: „Ich bin bestürzt über die Verallgemeinerung.“ Unter den 450 Bewohnern gibt es 30 bis 40 Problemfälle.“ Thomas Pörschke vom Bremen-Norder ASB- Flüchtlingsbüro ergänzte zum Drogenproblem: „Eine schwarzafrikanische Mutter hat natürlich genauso viel Angst, daß ihr Kind beim Spielen in eine Spritze faßt, wie eine deutsche.“

Bremen-Nords ASB-Geschäftsführerin Almuth Stoess resümierte: „Wir haben den Eindruck gewonnen, wir sollen dafür sorgen, daß die Leute ruhig sind.“ Der ASB sei aber nicht der „verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft“. Die ethnische Sortierung sei zudem nicht durchführbar. Auf dem Burglesumer Gelände lebten derzeit etwa 30 Nationen auf engstem Raum zusammen, da sei es eben lauter. Manche Deutsche benähmen sich genauso. Bei Problemen klappe die Zusammenarbeit mit der Polizei in Lesum gut. Stoess: „Eine Lagerpolizei wollen wir hier nicht.“ Ulf Buschmann