Gepfeffert mit bitterem Nachgeschmack

■ Viele Gewürze sind verschimmelt und verkeimt/ Verseuchte Produkte nach „Öko-Test“-Untersuchung vom Markt genommen/ Methoden zur Entkeimung sind Herstellern zu teuer

In den vergangenen zehn Jahren haben die Bundesbürger ihren Verbrauch an Gewürzen fast verdoppelt. Beim Pfeffern sind sie sogar Weltmeister. Doch gerade der beliebteste Scharfmacher in deutschen Küchen ist regelrecht verseucht mit Keimen. Außerdem enthalten viele Gewürze das stark krebserregende Schimmelgift Aflatoxin, wie das Frankfurter Verbrauchermagazin Öko-Test bei seiner jüngsten Untersuchung von gemahlenem Pfeffer, Chilli, Muskat und Paprika feststellte.

Während Großmutters Hausfrauenkost im wesentlichen auf Salz und Pfeffer setzte, wird in der modernen Küche Gewürzvielfalt groß geschrieben. Dieser Trend zum aromaintensiven Kochen ist begrüßenswert. Wer die hohe Kunst des Würzens versteht, kann auf das ungesunde Kochsalz weitestgehend verzichten.

Insbesondere in Ländern der Dritten Welt, die traditionell zu den Hauptanbaugebieten gehören, werden die Gewürze nach der Ernte jedoch oft nicht trocken und kühl gelagert. Durch diese unsachgemäße Behandlung können die Gewürze verschimmeln. Dabei wird das stark krebserregende und giftige Stoffwechselprodukt Aflatoxin gebildet.

Fast die Hälfte der von Öko-Test untersuchten Gewürze enthielt das Schimmelgift. Vier Proben waren sogar so hoch belastet, daß sie sofort vom Markt genommen werden mußten.

Obwohl die deutschen Gewürzverarbeiter und Untersuchungsämter regelmäßige Aflatoxinuntersuchungen durchführen, kommen immer wieder verseuchte Produkte in den Handel. Weil die Kontrolleure nicht jedes einzelne Pfefferkorn unter die Lupe nehmen können, finden sie das Schimmelgift oft gar nicht.

Doch Gewürze enthalten nicht nur gefährliche Aflatoxine, sondern auch außerordentlich viele Keime. Bis zu 30 Millionen Keime fand das Öko-Test-Magazin beispielsweise in einem Gramm gemahlenem Pfeffer. Die Ursache ist mangelnde Hygiene in den meisten Erzeugerländern. So berichtet Gerhard Weber vom Verband der Gewürzindustrie, daß in Pfefferlieferungen vom »Kinderspielzeug über Zigarettenkippen bis hin zu Ungeziefer« alles drin sei.

Besonders problematisch ist, daß auch pathogene Keime wie Salmonellen in den Gewürzen enthalten sein können. Anfang der achtziger Jahre gab es in Norwegen eine Salmonellenepidemie, die durch schwarzen Pfeffer ausgelöst wurde. Doch auch nicht-pathogene Keime können Lebensmittel verderben.

Diese Risiken kennen Hersteller und Gesundheitsbehörden. Unter Experten ist es ein offenes Geheimnis, daß einige Gewürzfirmen deshalb ihre Produkte immer wieder mit der in Deutschland verbotenen radioaktiven Bestrahlung entkeimt haben. Öko-Test konnte aber an keinem der untersuchten Gewürze eine Bestrahlung oder die ebenfalls verbotene Begasung mit Ethylenoxid nachweisen.

Alternative Verfahren zur Entkeimung von Gewürzen gibt es genug. Doch weil in der Lebensmittelverordnung bis heute noch keine Grenzwerte für Keime in Gewürzen festgelegt sind, sehen die meisten Hersteller gar keine Notwendigkeit, ihre Produkte zu entkeimen. Außerdem kosten solche Maßnahmen Geld, und die Branche fürchtet, daß der deutsche Verbraucher nicht bereit ist, für die aromatischen Zusätze künftig mehr zu berappen.

Gewürze sollten am besten ungemahlen gekauft werden. Weil ihre Oberfläche nicht so groß ist, enthalten sie weniger Keime als bereits gemahlene. Das Aroma eines Gewürzes ist außerdem viel stärker, wenn es frisch gemahlen oder gerieben ins Essen kommt. Regine Cejka