"Beerdigung 4. Klasse"

■ Ein Mahnmal für Deserteure ist zwar immer noch nicht in Sicht, doch der Entwurf von "Kunstwerk" wurde vom Bezirk Altona erstmal abgelehnt

ist zwar immer noch nicht in Sicht, doch

der Entwurf von »Kunstwerk« wurde vom Bezirk Altona erstmal abgelehnt

Das Denkmal für Deserteure in der Gestaltung des Bildhauers POM wird nicht in Altona aufgestellt werden. Der Kulturausschuß des Bezirks sprach sich jetzt endgültig gegen eine Aufstellung im öffentlichen Raum aus.

Vorausgegangen war eine einjährige Diskussion. Kunstwerk e.V. brachte im August 1991 das Gespräch auf ein Deserteurdenkmal und lieferte auch gleich ein fertiges Modell. Ein verschnürter und entstellter Torso, mit zahlreichen Öffnungen und innen beleuchtet, sollte fortan auf einem zentralen Platz in Altona stehen. „Wir wissen nicht, wie wir uns die Seele vorzustellen haben“, erklärte POM damals sein Werk, „jeder muß für sich selber erkennen, was im Innern der Figur verborgen ist.“

Den Verantwortlichen im Bezirk ging das zu schnell. Amtsleiter Peter Strenge hielt das Kunstwerk für „wenig sinnvoll“, gar für „eine Provokation aus Kreisen der GAL“. Selbst als sich die Politiker doch auf ein Denkmal für Deserteure verständigt hatten, hieß es weiterhin lapidar: „Aber es muß ja nicht unbedingt das von 'Kunstwerk‘ sein.“

Für Jutta Bialas, Landesgeschäftsführerin der GAL und früheres Mitglied des Kulturausschusses, ist dieser Beschluß eine „Beerdigung vierter Klasse“ für das Deserteurdenkmal. „Auch wenn Alternativen laut werden, glaube ich nicht, daß es jemals eine Mahnstätte für Deserteure geben wird.“

Der Vorsitzende des Kulturausschusses, Karl Stellmacher (SPD), selber Kriegsdienstverweigerer, stellt sich als einvernehmliche Lösung ein Dokumentenhaus als Ort der Erinnerung vor. „Wir sollten nicht dieselbe Sprache wie Kriegsdenkmäler sprechen.“ Was gebraucht werde, sei eine zentrale Anlaufstelle, in der sich jeder über die Deserteure des zweiten Weltkriegs informieren könne.

„Kunstwerk“ ist nicht auf den eigenen Entwurf festgelegt. „Ich will nur, daß überhaupt etwas in dieser Richtung passiert“, so Mitarbeiter Joachim Sucker. Bis dahin wird aber noch endlos in Kommissionen, Gremien und Expertenrunden über Aussehen und Standort geredet werden. Torsten Schubert