Wo Stehpartys zwischen Hundescheiße steigen ...

■ ... verläuft meist ein im Nichts endender Geschicklichkeitsparcours namens Radweg

„Haben Sie denn keine Klingel?!“ brüllt die Fußgängerin, die mitten auf dem Fahrradweg schlendert, als ich versuche, mich an ihr vorbeizuschlängeln. Ich habe eine und beschließe, sie nun auch einzusetzen. Den nächsten Spaziergängerpulk auf meiner schmalen Fahrbahn warne ich von weitem vor. Das ist auch wieder nicht richtig. „Mach doch nicht so'n Radau“, rufen die Radwegläufer gereizt. Der Konflikt auf dem Nebenkriegsschauplatz eskaliert: „Schon mal was von Radwegen gehört?“ pöbele ich den nächsten Passanten an, der mir vor die Räder kommt.

Nun muß die Radlerin den noch schwächeren Verkehrsteilnehmern zugute halten, daß Radwege nicht immer als solche zu erkennen sind. Dafür einige Hinweise: Man findet sie dort, wo Baustellen mit dem Schild „Radfahrer absteigen“ den Weg versperren, wo sich klönende Menschen zu Stehpartys versammeln, wo Hundebesitzer ihre Vierbeiner Gassi führen. Auch parkende Autos sind ganz häufig ein heißer Tip. Ebenso wie Eltern, die Kinderkarren auf dem Radweg über die Kreuzung schieben, weil dort der Kantstein nicht so hoch ist.

Schlangenlinien auf dem Bürgersteig, die plötzlich im Nichts enden, sind bestimmt einer dieser gängigen Geschicklichkeitstests für Radler. Auch dort, wo sich die Natur in Gestalt von Baumwurzeln durch Pflaster oder Asphalt Bahn bricht, ist mit großer Sicherheit nicht der Weg für Autos.

Ein bißchen unrecht tut die entnervte Radlerin vielleicht Hamburgs Verkehrsplanern. Auf einigen Strecken heben sich rotgepflasterte Radwege immerhin auch optisch ab. Aber diese hübschen Steinchen kann unmöglich ein Radler geplant oder verlegt haben, das wissen alle, die jemals mit zwei aufgepumpten Reifen darüber gehoppelt sind, während die Flaschen auf dem Gepäckträger zusammenschlugen.

Auf diesen erbärmlich schmalen Bürger- und Radsteigen müssen wir uns täglich nur deshalb streiten, weil den Verkehrsteilnehmern zu Fuß und zu Rad einfach zu wenig Platz eingeräumt wird. Vera Stadie