Gellende Pfiffe für Gorbis Liebe zu Kohl

■ ... aber ansonsten feierten die VW-Arbeiter den Ex-Sowjet- Präsidenten

In seiner Heimat längst im Abseits, ist Michail Gorbatschow für Deutsche immer noch ein weltpolitischer Star. Zwei Tage nach seinem von Tausenden bejubelten Berlin-Besuch feierten am Freitag in Wolfsburg rund 20.000 VW-Arbeiter den einstigen Staatschef.

Gorbatschow, Ehrengast eines internationalen Kongresses in der Volkswagenstadt, war vom Betriebsrat des VW-Konzerns zu einer Betriebsversammlung eingeladen worden.

Schon eineinhalb Stunden vor dem Auftritt herrscht Volksfeststimmung in der riesigen Halle 11 des VW-Werks, in der sonst Felgen für die Modelle Golf und Vento gefertigt werden. Die VW- Arbeiter stehen auf den Stühlen, versuchen, dem russischen Gast im Gedränge die Hand zu schütteln oder wenigstens sein dunkelblaues Jacket zu berühren.

VW-Chef Hahn lobt: „Gerade in Wolfsburg haben wir von den Folgen Ihrer Politik profitiert, wir sind nicht mehr in einer Randlage, sondern im Herzen Europas — eine Chance, die wir nutzen wie kein zweites Unternehmen.“ Gorbatschow ist gerührt: „Ich danke für die herzlichen Gefühle der Sympathie.“ Gorbatschow versteht, die Zuhörer für sich einzunehmen und genießt den Beifall, der seine Worte immer wieder unterbricht: „Ich begrüße Sie als Vertreter des neuen Deutschland“, sagt er den VW-Arbeitern.

Nur in seine Freundschaft zu Kohl will die VW-Belegschaft nicht folgen: „Kanzler Kohl braucht jetzt Ihre konstruktive Unterstützung“, sagte er — und prompt schallt ein gellendes Pfeifkonzert zurück. Thomas Kaufner /dpa