Strahlenkonferenz startet morgen

■ Rund 350 Gäste aus 53 Nationen bei der »Zweiten Weltkonferenz der Strahlenopfer« im Haus der Kulturen/ Themen: Atomtestfolgen und Tschernobyl

Berlin. Morgen beginnt in Berlin die »Zweite Weltkonferenz der Strahlenopfer«. Im Mittelpunkt der sechstägigen Beratungen im »Haus der Kulturen der Welt« stehen zwei Themen: die Folgen der Atomtests und des Reaktorunfalls von Tschernobyl. Generalsekretär Stephan Dömpke bezeichnete es gestern als »wesentliches Ziel«, vor allem die Teilnehmer aus der GUS mit den Experten und Strahlenopfern aus anderen Ländern bekannt zu machen. Dömpke wartete mit erschreckenden Zahlen aus der ehemaligen UdSSR auf: So seien etwa südöstlich des Urals rund eine halbe Million Menschen Opfer der über Jahrzehnte durchgeführten Atomtests geworden. Die radioaktive Belastung liege dort neunzehnmal höher als nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. Ein Ende der Tests ist auch unter Boris Jelzin nicht abzusehen: Derzeit werde geplant, das nun stillgelegte Testgelände von Nowaja Semlja wieder zu nutzen.

Kaum besser sieht es nach den Worten von Dömpke auch in der westlichen Hemisphäre aus: In Bolivien habe die Zahl der an Schilddrüsentumor erkrankten Kinder erheblich zugenommen. Dies sei eine Folge der französischen Atomtests im Pazifik, deren radioaktiver Niederschlag sich in den Anden abregne. Nach Angaben von Dömpke seien rund 30 Millionen Menschen weltweit Opfer von radioaktiver Strahlung geworden.

Breiter Raum wird daher auf der Konferenz auch den Opfern der Atomtests eingeräumt: Darunter sind etwa ein russischer Offizier, der beim Versenken seines Atom-U-Bootes verstrahlt wurde, sowie Einwohner aus Testgebieten, wie etwa ein Tuareg aus der Sahara.

Mit 350 Teilnehmern aus 53 Nationen verzeichnet die Veranstaltung, die von der »Gesellschaft für eine nuklearfreie Zukunft« (GNZ) organisiert wird, deutlich weniger Zuspruch als zunächst erwartet. Ursprünglich war mit 1.200 Teilnehmern gerechnet worden. Neben Mißmanagement und internen Fehlern (siehe taz vom 02.09.92) hatte dafür auch die zögerliche Haltung des Senats gesorgt. Der deutlich abgespeckten Veranstaltung bewilligte der Senat immerhin rund 30.000 Mark. Projektleiter Michael Becker zeigte sich gestern optimistisch, die mit rund 328.000 Mark veranschlagte Konferenz ohne Defizit abschließen zu können. Durch den Einsatz von ehrenamtlichen Dolmetschern habe man die Kosten in diesem Bereich um 100.000 Mark reduziert. Wegen der finanziellen Schwierigkeiten wurden kurzfristig auch die Modalitäten geändert: Statt Tageskarten können nun auch für 5 bis 10 Mark einzelne Veranstaltungen besucht werden. Severin Weiland

Beginn am Sonntag um 15 Uhr im Haus der Kulturen der Welt.