Serbenführer Karadzic lobt US-Vermittler Vance

Genfer Gespräche zwischen den Konfliktparteien in Bosnien-Herzegowina konnten wegen der Weigerung des bosnischen Außministers, mit dem „Mörder“ Karadzic zusammenzutreffen, nicht stattfinden/ UN-Ausschluß bringt Panic ins Schlingern  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Nach der erstmaligen Teilnahme führender Vertreter aller drei bosnischen Kriegsparteien an der Genfer Jugoslawien-Konferenz sind die Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Krieges noch weiter gesunken. Das noch am Donnerstagmittag angekündigte gemeinsame Treffen des muslimischen Außenministers Bosnien-Herzegovinas, Haris Silajdzic mit den Führern der Serben und Kroaten, Radovan Karadzic und Mate Boban kam gestern nach einer kurzfristigen Weigerung Silajdzics nicht zustande. Es fanden lediglich jeweils bilaterale Gespräche mit den beiden Präsidenten der Konferenz, Cyrus Vance und Lord Owen und dem Vorsitzenden der Konferenzarbeitsgruppe zu Bosnien-Herzegovina, Martti Ahtisaari statt. In einer Pressekonferenz wiederholte Karazdic die bekannten serbischen Maximalpositionen und beschuldigte die islamische Welt, sich immer stärker auf Seiten der bosnischen Muslime mit Waffen und „Söldnern“ in dem Krieg zu engagieren. Boban und Silajdzic äußerten sich zunächst nicht. Heute sowie am Montag sollen die Gespräche weitergeführt werden.

Zu einer direkten Begegnung führender Vertreter der drei Kriegsparteien war es auch bei allen früheren Konferenzen und Vermittlungbemühungen nicht gekommen. Nachdem der Sprecher von Vance und Owen, Fred Eckard eine solche Begegnung für gestern morgen angekündigt hatte, informierte Silajdzics die Konferenzpräsidenten am späten Donnerstagnachmittag, er sei „nicht bereit, sich mit dem Kriegsverbrecher Karazdic in einem Raum zu treffen“. Daraufhin wurden die bilateralen Gespräche angesetzt, über deren Verlauf zunächst nichts verlautete. Karadzic erklärte, seine Teilnahme diene dem Ziel, einen umfassenden Waffenstillstand in Bosnien-Herzegovina herbeizuführen um dann eine politische Lösung auszuhandeln. Ohne präszise Prozentangaben insistierte darauf, daß die Serben den größten Teil des inzwischen von ihnen eroberten und kontrollierten Territoriums (knapp 70 Prozent Bosnien-Herzegovinas) auf Dauer behalten. Dieses Gebiet, darunter die Hauptstadt Sarajevo sei bis zum zweiten Weltkrieg „immer“ serbisches Gebiet, die Serben die größte ethnische Gruppe gewesen. Erst durch den „von den Deutschen und Kroaten gemeinsam begangenen“ Genozid an den Serben sei deren Bevölkerungsanteil auf die heutigen rund 32 Prozent dezimiert worden. Ohne einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, machte Karazdic deutlich, daß die Verständigung mit den Kroaten über eine Aufteilung Bosnien-Herzegowinas bereits sehr weit gediehen ist.

In für die zahlreichen Journalisten auffälliger Weise lobte Karadzic die Rolle und Person des US-amerikansichen UN-Beauftragten Vance. Ihm brächten die Serben großes Vertrauen entgegen. Zugleich kritisiete der Serbenführer die EG, die durch ihre „vorschnelle Anerkennung Bosnien-Herzegowinas“ die „illegale Sezession dieser jugoslwaischen Republik“ unterstützt habe und damit für den Krieg wesentlich mitverantwortlich sei.

Karadzic drohte mit einem „interkontinentalen, interreligiösen Krieg“. Schon jetzt beteilgten sich Iran, Sudan, die Türkei und andere islamische Staaten mit über 3.000 Soldaten auf Seiten der Muslime an dem Krieg. Weitere 25.000 islamische Kämper würden derzeit auf di e Entsendung nach Bosnien-Herzegovina vorbereitet.

Zudem gehörten die islamischen Staaten neben Deutschland zu den Hauptwaffenliefernaten der Muslime. Karadzic behauptete, die Serben könnten auf die Unterstützung durch „Söldner aus allen christlichen Staaten rechnen“. Genauere Angaben verweigerte er.

Strittiger UN-Sitz

In der Diskussion um den Status Rest-Jugoslawiens bei den Vereinten Nationen haben die Vertreter der EG einen neuen Resolutionsvorschlag vorgelegt. Danach soll die Föderative Republik Jugoslawien (FRJ) zwar nicht als Rechtsnachfolger des alten Jugoslawien anerkannt werden, sich aber um einen Sitz in der UNO neu bewerben. Ein förmlicher Aufnahmeantrag wurde auch auf einer gemeinsamen Sitzung der Führungen von Serbien, Montenegro und der FRJ nicht mehr ausgeschlossen. Nach der Erklärung, die die Belgrader Tageszeitung „Borba“ am Freitag veröffentlichte, einigten sich Panic und die serbische Führung auf einen Kompromiß. Danach soll zunächst die UN-Entscheidung abgewartet werden, ob die aus Serbien und Montenegro bestehende FRJ den UN-Sitz des früheren Jugoslawien übernehmen darf. Panic widersprach am Donnerstag abend, daß der Status der von Minderheiten bewohnten serbischen Provinzen Kosovo und Vojvodina sowie der Region Sandjak eine Aufnahmenbedingung der Vereinten Nationen sei. Der Vorsitzende der Soizialisten, Borisav Jovic, hatte am Donnerstag die Bedingungen der Vereinten Nationen als „unannehmbar“ bezeichnet und dies mit der angeblichen Forderung nach einem Sonderstatus für die drei Gebiete begründet. Gleichzeitig hatte Jovic einen neuen Mißtrauensantrag gegen Panic gefordert.