240 Sekunden Freude

■ HSV: 1:2 Niederlage gegen Karlsruhe / Wer wird neuer Trainer?

: 1:2 Niederlage gegen Karlsruhe / Wer wird neuer Trainer ?

„Wie lange durften wir uns diesmal freuen? Vier Minuten?“ Die Frage des vom Jubel noch im Stehen befindlichen HSV-Fans mischt sich mit dem Rauch, der von den roten Raketen aus der Westkurve herüberweht. Das Gemisch beflügelt den Sitzplatznachbarn: „Immerhin, zwei gegen Stuttgart und vier gegen den KSC macht sechs Minuten, in denen der HSV diese Saison führte.“

Sechs zu 624. Spielerische Öde, deren Überbrückung den Fans einiges an Kreativität abforderte. Am Freitagabend im Volksparkstadion hieß die Therapie — im Stadion ist inhumanerweise nur Light-Bier gestattet — Münzen-gegen-die-Wand- werfen. Ein Spiel, das vor zehn Jahren große Popularität genoß. Aber damals war die Elb-Equipe auch die beste in Europa und spielerische Eigeninitiative der Banksitzer völlig unnötig.

Na ja, von Stellingen bis St. Pauli fand die Manifestation der veränderten Zeiten schließlich auf dem Rasen statt. Dort passierte 49 Minuten lang nichts. Die Mannen des Karlsruher SC dümpelten so spielverhindernd vor sich hin wie das Coordes-Team. Der KSC-Pokalsieg (4:2) gegen die Rothosen wirkte wie ein Magnet, der die eisenschweren Stollen der Jungs um Stürmerstar Sergej Kiriakow vor den eigenen Strafraum zog. Plötzlich und überraschend schien sich Yordan Letchkov, der bulgarische Nationalspieler in der Rohde-Elf, nach seinen glücklosen bis verzweifelten Auftritten am Volkspark an seinen jüngsten Treffer im heimatlichen Nationaldress zu erinnern: Nach einer Flanke von Armin Eck köpfte er, vier Meter vorm Tor, unter die Latte. Der Angreifer freute sich über sein erstes Tor für die Hamburger ebenso, wie der eingangs zitierte Fan. Leider auch ebenso kurz. Ganze 240 Sekunden später, die 15450 Zuschauer waren noch nicht wieder gelandet, knallte ausgerechnet der Ex-HSVer Wolfgang Rolff das Leder volley in die Maschen hinter Nils Bahr. „Der konnte echt nichts dafür“, befand ein Fan mitleidig. Dies Gefühl für den Keeper konnte, kaum verfallen, 34 Minuten später recycled werden. Rolff schoß erneut unhaltbar ein. Eine Sekunde später wurde Egon Coordes wiederholt zum Schuldigen des Tages gekürt. Die

1Hools, die sich kurz vor Spielende hinter seinem Rücken zusammenmobten, wußten sich dem innerlichen Applaus der meisten Fans sicher. Leider ist der Ostfriese wirklich ein Unsympath: „Wer sowas schürt (gemeint ist der Mißerfolg), bekommt das Ergebnis.“ Eine Antwort, die Fragen provoziert. Wie verkraftet der HSV, „bester Botschafter Hamburgs in der Welt“ (Udo Franke, Pressesprecher der Sponsoren-Brauerei), eine derartige Diva? Wer wird der neue Trainer? Und schließlich: Was ist die Botschaft? Helen Harper