Ihr Wiesen, die ich wässerte!

■ Frau Jaschke im Modernes / Ein ödipaler Angriff aus der Transvestitenecke / Marlene ein Mann!!

Ich sag' nur Waltraut. Ich sag' Hannelore, oder gar Werner, Werner!!! Ich sag' Buttstraße 5b und der Atemkurs an der VHS unter Frau Hohlmeier. Wer jetzt die Stirn in Runzeln wirft, bleibt draußen: Dies ist ein Spartenprogramm für Kenner, die ziemlich genau achtunddreißig sind — eben solche, die Frau Jaschke am Freitag und Samstag im „Modernes“ einen johlenden Empfang bereiteten.

Frau Jaschke ist das Wesen, das wir Johlenden zur Mutter und Tante hatten. Für Zweiundzwanzigjährige ist es völlig unangebracht, sich für Frau Jaschke zu interessieren, sie müßten ja über uns in Frau Jaschke lachen, und was gibt es da zu lachen?

Das führt unweigerlich zu Spekulationen über Frau Jaschkes wahres Geschlecht. Marlene Jaschke, Chefsekretärin in einem Schraubengroßhandel, wohnhaft beim Fischmarkt in Hamburg, Besitzerin eines leicht zu kränkenden Wellensittichs mit Motorradhelm, eine staksige Dame mit Hamburger Akzent, Frau Jaschke ist ein Paradoxon: eine Frau, die sich über sich lustig macht. Die Yellow-Press meint zu wissen, Frau Jaschke sei in Wirklichkeit Frau Wübbe und nett. Haben Sie Schopenhauer über die strukturelle Unfähigkeit der Frau zur Selbstironie gelesen? Eben! Frau Jaschke ist ein Mann.

Und schlagartig wird klar: All das irre Gequietsche im „Modernes“ und anderswo, wo Frau Jaschke vor Achtunddreißgjährigen auftritt, ist die Begleitmusik zu einer gut gemachten Transvestie-Show - mit Strip! Höhepunkt des zweistündigen Soloprogramms der Dame im beigen Kostüm (incl. der Markenzeichen roter Potthut, orthopädisches Schuhwerk, schon wieder schräge Brille und rote Rüschenbluse) ist das von verklemmtestem Gackern begleitete Anlegen eines Goldlamee-Minis plus Hochhack-Pumps. Der Mann Marlene (!) als die schönere Frau. Natürlich sind es homosexuelle Schauer, die durchs Publikum rieseln, wenn ein Helmut (!) aus den Zuschauerreihen Frau Jaschke mittels Räuberleiter auf den Küchentisch hilft. Zugeben muß ich, daß eine Prise inzestuöser Ödipallust hineinchangiert — eine brisante Rezeptur!

Frau Jaschke hat eine erstaunliche, carmentaugliche Kopfstimme und einen — uns verblüfft das weniger — pulsierenden Bariton. Sie kann die Mundwinkel separat bewegen, mit den Blicken morden, wenn ein Ungehobelter aus der zweiten Reihe ihre Plastiktüte („Garantschuh“) zerknittert, und sie kann Männer erröten machen. Fast ohne Requisiten (ein Ficus benjaminus, ein Erbsessel, die unsägliche Handtasche) fesselt sie 120 Minuten, peinigt uns mit Nichtigkeiten, daßder einzige Ausweg im Weglachen besteht. Es ist auch einSchrecken hinter dem Lachen — jeder weiß, es könnte, Gott verhindere die Umstände, so weiter gehen, bis daß der Tod uns scheidet. Außerdem kann Frau Jaschke ein Ohr auf die eigene Brust legen, was ich zu beeiden nicht anstehen würde.

O-Ton: Ihr Wiesen, die ich wässerte, lebt wohl! Herr Roman,

Sie erinnern mich an Herrn Transtedt. Wir hatten vor länge- rer Zeit eine kleine Geschichte, aber ich glaube, er hat das gar nicht gemerkt. Wenn du musikahahahalisch bist, dann bleibe ich bei dir. Sind Sie alleinstehend, Herr Roman? Sehen Sie, was ich mir gekauft habe: eine echte toscanische Lammfellkappe!!! Bus