Keine heiße Spur im Kurdenmord

■ Sonderkommission hat über 60 Hinweise erhalten/ Kurdische Organisationen vermuten den Iran hinter dem Attentat in Wilmersdorfer Restaurant/ Wurde Treffpunkt verraten?

Berlin. Viele Hinweise, aber noch keine heiße Spur — so lautet das Fazit des Bundeskriminalamtes (BKA) vier Tage nach dem Mordanschlag auf vier iranische Kurden in einem Wilmersdorfer Restaurant. Ein weiteres Opfer — der Wirt des Restaurants — liegt derzeit noch mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.

Bisher sind nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe rund 60 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Inzwischen ist eine Sonderkommission des BKA mit 69 Beamten eingerichtet worden, die die Ermordung der vier Kurden, darunter des Generalsekretärs der »Demokratischen Partei Kurdistans in Iran« (PDKI) und seines Stellvertreters, aufklären soll. Die Bundesanwaltschaft geht derzeit davon aus, daß iranische Gruppen oder die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) das Attentat verübt haben. Die PKK wies die Vermutungen unterdessen als Spekulation zurück. Es gebe keine Streitigkeiten mit der PDKI. Ein Sprecher des BKA erklärte, das Attentat weise Parallelen zu vier Anschlägen auf kurdische Politiker in den vergangenen drei Jahren auf. Möglicherweise seien es dieselben Hintermänner, die in Österreich, Frankreich, Schweden und in der Schweiz Anschläge verübt hätten.

Nach einem Bericht des Tagesspiegel könnten die Funktionäre der PDKI möglicherweise Opfer eines Verrats geworden sein. Nur wenige Eingeweihte sollen von dem Treffen im griechischen Restaurant »Mykonos« informiert gewesen sein. Die Zusammenkunft sei außerdem kurzfristig vorverlegt worden. Außerdem soll der ermordete PDKI-Generalsekretär Sadik Scherefkendi und der ebenfalls getötete Auslandsrepräsentant der Partei, Fatah Abduli, aus Sicherheitsgründen unter falscher Identität eingereist sein. Beim Kongreß der Sozialistischen Internationale (SI) vergangene Woche in Berlin habe man sie jedoch unter ihrem wahren Namen registriert.

Ein Überlebender des Attentats erklärte gestern gegenüber der taz, das Treffen sei unter Sicherheitsaspekten »nicht gut vorbereitet« worden. Es sei unverständlich, warum Scherefkendi keinen Personenschutz angefordert oder seine Partei nicht selber Wachen vor dem Lokal aufgestellt habe. Zugleich wies ein weiterer Augenzeuge gegenüber der taz Spekulationen zurück, die PKK könne ein Interesse an der Ermordung der Funktionäre gehabt haben. Die Aktion sei derart perfekt durchgeführt worden, daß »nur ein großer, gut durchorganisierter Geheimdienst« dahinterstehen könne. Mit den jetzt angestellten Spekulationen solle die Öffentlichkeit »bewußt verwirrt« werden. Einzig der Iran habe am Attentat ein Interesse, da am Treffen neben der PDKI noch drei weitere iranische Oppositionsgruppen teilgenommen hätten. Die PDKI machte unterdessen das Regime in Teheran für den Mord verantwortlich: »Für uns gilt es als sicher, daß hinter diesem feigen Attentat die Mullahs des iranischen Gewaltregimes stehen.«

Der Iran wiederum wies alle Anschuldigungen zurück und führt das Attentat auf innerkurdische Rivalitäten zurück. Die Anschuldigungen seien »Teil einer antiiranischen Propagandakampagne«, so die offizielle Nachrichtenagentur IRNA. sev