Perot ist wieder da!

 ■ Aus Washington Andrea Böhm

Noch sechs elendig lange Wochen bis zum 3. November. Mit der Berechenbarkeit eines pawlowschen Reflexes werden die Attacken der beiden Kandidaten härter, die Wahlversprechen absurder. Wahlkampf-Business as usual — so schien es bis zum letzten Freitag. Doch da meldete sich Ross Perot zurück.

Der Schrecken des amerikanischen Zweiparteiensystems verkündete in einer Talkshow, er erwäge doch wieder in das Rennen um das Präsidentenamt einzusteigen — dieses Mal mit einer historisch einmaligen Begründung: Er wolle gar nicht Präsident werden, sondern nur seine Vorschläge für die Genesung der Wirtschaft öffentlich machen. Das gehe am besten via Fernsehen. Werbezeit könne man als offizieller Kandidat leichter kaufen. Das ökonomische Programm Ross Perots, das erst nach seinem Ausstieg aus dem Präsidentschaftsrennen am 16.Juli bekannt wurde, ist eine Mischung aus drastischen Steuererhöhungen und drastischen Einsparungsmaßnahmen. Unter dem Titel „United We Stand“ hat der Geschäftsmann das Werk als Taschenbuch herausgegeben, das zur Zeit an der Spitze der Bestseller-Liste der New York Times steht.

Daß Perot so kurz vor den Wahlen tatsächlich die Chuzpe aufbringt, ernsthaft um das Präsidentenamt zu kandidieren, glaubt so recht niemand. Aber er will mitreden und am Ende vielleicht die entscheidenden Empfehlungen an seine Anhänger geben. Der Milliardär investiert bis heute rund 500.000 Dollar monatlich in über 60 Wahlbüros im ganzen Land. Seit Donnerstag ist er in allen fünfzig Bundesstaaten als Kandidat auf den Wahllisten eingeschrieben. Laut Meinungsumfragen könnte Perot im Falle einer Kandidatur mit 14 bis 16 Prozent der Wähler rechnen.

Bezüglich der Wahlempfehlung des Texaners kann sich Bill Clinton Chancen ausrechnen. Perot hatte am 16. Juli seinen Ausstieg aus dem Rennen unter anderem damit begründet, daß die Demokratische Partei einen erfolgversprechenden Veränderungsprozeß durchgemacht habe. Außerdem ist seine notorische Abneigung gegen George Bush allseits bekannt.

Selbiger pflegt nach wie vor ein gespanntes Verhältnis zur verbalen Kommunikation: Sein Wahlkampfteam hat die erste TV-Live-Debatte mit Clinton, eigentlich für den 22.September angesetzt, platzen lassen. Drei Rededuelle mit nur einem Moderator waren ursprünglich von einer überparteilichen Kommission angesetzt. Bush will höchstens zwei Runden, mit drei Moderatoren, die an die Kandidaten Fragen stellen, was spontanere Dialoge ausschließt.

Die Fernsehdebatten können von entscheidender Bedeutung sein. Hier kann und muß Clinton beweisen, daß er wie ein Präsident wirken und auftreten kann. Nirgendwo bietet sich diese Chance mehr als im direkten Vergleich mit dem Präsidenten. Deswegen werden sich die Demokraten wohl oder übel auf die Konditionen des Gegners einlassen müssen. Je nach Herkunft der Meinungsumfrage hat der Demokrat weiterhin einen Vorsprung zwischen neun und fünfzehn Prozent.