Folter gegen indische Bauern

■ „Asia Watch“ erhebt schwere Vorwürfe gegen die indische Polizei in dem von Feudalismus und Guerilla-Aktivitäten gekennzeichneten Bundesstaat Andhra Pradesh

Neu-Delhi (AP/taz) — Die Menschenrechtsorganisation „Asia Watch“ hat der Polizei im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh vorgeworfen, Häftlinge systematisch zu foltern und zu ermorden. In dem Heimatstaat des indischen Ministerpräsidenten Narasimha Rao herrsche ein Zustand der „mutwilligen Gesetzlosigkeit“, heißt es in einer gestern veröffentlichten Studie der in den USA ansässigen Organisation.

Das südindische Andhra Pradesh mit rund 67 Millionen Einwohnern ist seit über zehn Jahren die Hochburg der sogenannten Naxaliten — kommunistische Guerilleros, die sich als Beschützer armer Landarbeiter gegen feudalistische Gutsherren sehen. Bereits in den siebziger Jahren waren maoistische Gruppen in den Bundesstaaten Andhra Pradesh und Bihar aktiv. Die Guerillagruppen, die in den späten achtziger Jahren wieder Auftrieb erhielten, sind berüchtigt wegen ihrer wiederholten brutalen Angriffe auf reiche Landbesitzer, bei denen sie ihren Opfern die Ohren abschnitten oder die Hände abhackten.

In dem Bericht von Asia Watch wird anerkannt, daß die Naxaliten ein Sicherheitsrisiko darstellten, doch habe sich die Polizei im Namen der Terrorismusbekämpfung mit politisch einflußreichen Großgrundbesitzern zusammengeschlossen, um willkürlich gegen unliebsame Bauern vorzugehen. Am schlimmsten davon betroffen seien Gewerkschaftsmitglieder. Häftlinge würden von der Polizei systematisch hingerichtet, heißt es in dem Bericht. Hinterher werde dann lediglich gemeldet, sie seien bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften ums Leben gekommen. Von August 1991 bis August 1992 sollen bei solchen „Zusammenstößen“ 227 Menschen getötet worden sein, wie es unter Berufung auf örtliche Bürgerrechtler heißt.

Außerdem prangert Asia Watch an, daß aufgrund strenger Antiterrorgesetze Häftlinge ein ganzes Jahr lang ohne Gerichtsverfahren festgehalten werden können. Von 1985 bis 1991 seien davon über 15.000 Menschen betroffen gewesen. Die Regierung des Unionsstaats sehe alldem tatenlos zu. Zudem habe sie selbst Gewalt angewendet, um ihre politischen Gegner zum Schweigen zu bringen. Als Reaktion erklärte das Presseamt der Regierung, der Bericht werde geprüft. Permierminister Rao hatte letzte Woche eine Menschenrechtskommission ins Leben gerufen.