Fliegen auf Teufel komm raus

■ Anfrage beim Verteidigungsministerium ergibt: Militärjets in Memmingerberg überschreiten regelmäßig Soll-Flugstunden/ Bei schönem Wetter düsen die Jets bis 23 Uhr über den Himmel

Memmingerberg/Bonn (taz) — Immer häufiger beschweren sich die Anwohner des Nato-Flugplatzes Memmingerberg im Unterallgäu über die nach wie vor extrem starke Lärmbelastung durch die Tornados des Jagdbombergeschwaders 34. Auch die Fluglärm-Bürgerinitiative (FBI), die sich mit Protestaktionen lange Zeit zurückgehalten hat, will dem „höllischen Fluglärm“ nicht mehr länger tatenlos zusehen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil im Bundesverteidigungsministerium Beschwerdebriefe und Anfragen einfach verschlampt oder nicht beantwortet werden.

Nun wurde bekannt, daß das Jagdbombergeschwader 34 vergangenes Jahr die Soll-Flugstundenzahl deutlich überschritten hat. Statt der als Richtlinie vorgegebenen 7.613 Stunden wurden 8.024 Stunden geflogen. Das hat eine Anfrage der Abgeordneten Vera Wollenberger (Bündnis90/ Grüne) ergeben, die vom bayerischen Landtagsabgeordneten Raimund Kamm angeregt worden war.

Als „militärisch unnötig, gesundheitlich schädlich und geldverschwenderisch“ bezeichnet Raimund Kamm die Flugstundensteigerung. Angesichts einer geänderten Sicherheitslage wäre es längst an der Zeit, Flugstunden und damit eine unerträgliche Belastung für die Bevölkerung drastisch zu beschränken. Es sei unumgänglich, den Fliegerhorst Memmingerberg baldmöglichst zu verkleinern.

Nach wie vor klagen Schülerinnen und Schüler über den unerträglichen Fluglärm. „Kaum ist die Schule wieder losgegangen, donnern sie schon wieder drüber wie verrückt. Da kann man sich gar nicht richtig konzentrieren“, ärgert sich beispielsweise die 13jährige Cora. Besonders betroffene Anwohner, zum Beispiel in Benningen, klagen: „Das hört doch nie auf, dort oben. Die fliegen wie im Krieg.“

Unverständnis herrscht auch darüber, daß bis 23 Uhr bei gutem Wetter geflogen wird. Dabei schlugen noch vor kurzem in Memmingen die Wogen des Volkszorns hoch, weil die Biergärten schon um 21.30 Uhr geschlossen werden sollten. „Die fliegen oft bis 23 Uhr, und die Biergärten sind ab halb zehn schon zu laut, das ist doch pervers“, vergleicht ein Versicherungsmakler.

Der Kommodore des JaboG 34, Andris Freutel, erklärte auf Anfrage, daß trotz der Sollstundenüberschreitung die Flugstunden noch immer unter den Nato-Vorgaben liege. Der Verteidigungsauftrag sei klar formuliert und politisch vorgegeben, da könne man schlicht und einfach die Flugstunden nicht immer weiter reduzieren. Immerhin sei bereits rund ein Viertel der Flugstunden ins Ausland verlegt worden. Klaus Wittmann