30 Minuten Spaß: Zufallsbekanntschaft

■ Wie sich vier Rockmusiker planlos durchschlagen

Sonntag abend im Wehrschloß. Eigentlich waren nur die Engländer Klaw und Creamers aus Los Angeles angekündigt. Aber dann, im Saal waren mal gerade sieben Leute, begaben sich vier junge Herren auf der Bühne. Angekündigt waren sie nicht. Thrill Kill boten verdaulichen Rock mit dreckigen Gitarrenschüben und einer wahnsinnig kehligen Röhre ihres Sängers Michael Pinder. Gerade mal eine halbe Stunde rockten sie sich in die Ohren derer, die nur wegen der beiden anderen Bands gekommen waren. Im Back-Stage-Bereich saßen sie danach und schienen zufrieden. Wer seid ihr denn, wollte ich wissen, von euch habe ich ja noch nie gehört. „Wir sind Thrill Kill und kommen aus Australien“, sagte der blonde Sänger. „Wir reisen herum und machen Musik.“ Ach so. „Aber Du sprichst doch gar kein Aussie-Englisch.“ Stimmte auch, Michael kam aus Südafrika und lebte in Yorkshire. Dougal und Steve waren wirklich Australier. Sie sahen bei sich an der Ostküste, das war 1989, keine musikalischen Perpektiven mehr und gingen nach London. Einfach so, ohne Plan.

Und was machten sie nun in Bremen? Ganz einfach. Doug mußte feststellen, daß sein Visum für das Vereinigte Königreich ausgelaufen war. Zu dumm, den just in letzter Zeit machten sie mit ihren Auftritten in Londoner Pubs ein paar Pfunde. Einige Freunde, die Mitglieder von Klaw, wollten nach Deutschland. Da gingen sie mit. Wieder ohne Plan. Habt ihr heute Geld verdient? „Nö, war ja auch nicht abgesprochen. Aber hier gibt's Freibier, und die Leute sind sehr nett“. Davon kann man aber nicht leben. „Da hast du recht, aber was morgen kommt, werden wir sehen.“

Manchmal, da waschen sie in London Teller. Sie leben in Brixton, wo früher die Unruhen waren. Dort trifft man eine Menge Leute. Mit Drummern haben sie immer gewisse Schwierigkeiten, aber in Brixton ist es nie schwer, neue zu finden. Vier hatten sie in letzter Zeit, ein drogensüchtiger Israeli verschwand vor kurzem. Sie haben ihn nie wieder gesehen. Der Reggae-Schlagzeuger war auch irgendwie komisch. Jetzt haben sie einem neuen.

Soll das denn ewig so weitergehen? „Aber nein“, kommt es unisono. In Berlin, da wo sie noch in dieser Nacht hinfahren, wollen sie eine Mini-LP aufnehmen. „Dann können wir endlich mal etwas vorweisen. Glaub' bloß nicht, daß wir hier Urlaub machen. Wir kämpfen durch uns mit unserer Musik.“

Später spielten die Headliner Klaw und Creamers, die ersten recht verkniffen rock'n'rollig, die letzteren partymäßig punkig. Gegen ein Uhr morgens machten sich die Aussies auf den Weg nach Berlin: „Das sind ja nur ein paar Meilen. Kein Vergleich zu den Entfernungen zu Haus.“ Cool J.F.