„Kohl steht zu Bremen“

■ Handelskammer-Präses beim Bundeskanzler über die Zukunft Bremens

Der Bundeskanzler vertritt mit großem Nachdruck und einer zwingenden Argumentation die Selbständigkeit des Bundeslandes Bremen. Mit dieser Nachricht trat der Präses der Bremer Handelskammer, Josef Hattig, gestern vor die Presse. Das Rathaus mußte auf diverse Nachfragen nach einer etwaigen Bonner Reaktionen auf die Bremer Santierungsvorstellungen bisher regelmäßig passen — die Handelskammer dagegen hatte sich um einen Termin beim Bundeskanzler bemüht und den auch bekommen.

Lange Ausführungen über die Geschichte der Freien Hansestadt, so deutete Hattig an, wollte Kohl dabei gar nicht hören. Für den Kanzler gebe es einen zwingenden außenpolitischen Grund: Die Bundesrepublik, so er die Sicht des Bundeskanzlers, könne es sich außenpolitisch in dem entstehenden Europa nicht leisten, kleinere Bundesländer von der Landkarte verschwinden zu lassen. Das würde bei kleineren Nachbar-Staaten die Angst vor „Zentralismus“ und deutscher Übermacht schüren. Der Bundeskanzler, so Hattig, habe etwa die 350.000 Luxemburger genannt, die einen eigenständigen Staat bilden. Auch in den USA gebe es kleine Staaten — das Nebeneinander von klein und groß mache den Föderalismus aus.

Nach dieser Klarstellung wollten die Handelskammer-Vertreter den Bundeskanzler nicht mehr festnageln, wie er zu den in ganz andere Richtungen weisenden „Thesen“ des CSU-Finanzministers Waigel stehe.

Allerdings, so berichtete Hattig, erwarte Kohl neben dem Beitrag der anderen Bundesländer auch einen deutlichen Sparbeitrag Bremens selbst. Und da dränge die Zeit, damit die Entschuldung Bremens nicht in den Strudel der Neuordnung der Geldverteiluing mit den ostdeutschen Bundesländern gerate. Daß dies wichtig sei, hat in Bionn auch der bei dem Kanzler-Gespräch anwesende CDU-Landesvorsitzende und parlamentarische Staatssekretär Bernd Neumnann vertreten.

In Bonn hat die Handelskammer den bremischen „Familienkrach“ um das Sanierungsprogramm nicht vorgetragen. Zurück im Schütting wollte Hattig mit seiner Unzufriedenheit aber nicht hinter dem Berg halten: Die Angaben in dem Sanierungspapier seien meist zu allgemein. Bei einigen der Projekte sei nicht einsichtig, wie sie zu einer Stärkung der Wirtschaftskraft führen sollten. Zum Beispiel müsse der Autobahn-Ring her, erklärte der Handelskammer-Vertreter, bei interessante Gewerbeflächen wie der Hemelinger Marsch müsse der Senat „überzeugenden Umsetzungswillen“ zeigen. Es dürften, so die Kammer an den Senat, „keine Maßnahmen benannt werden, die den Widerstand anderer Länder provozieren könnten...“Dies sei erforderlich, um Auswärtige von zu überzeugen, daß Bremen es ernst meine. K.W.