Atommüll-Dumping gefährdet das Meeresschutz-Abkommen

Berlin (taz) — Die Umweltminister der 13 Anrainerstaaten des Nordost- Atlantiks, darunter Bundesumweltminister Klaus Töpfer, wollen heute in Paris ein neues Abkommen zum Schutz dieser Meeresregion unterzeichnen. Der bedeutendste Streitpunkt, an dem die Konvention in letzter Minute noch scheitern könnte, ist das Versenken von radioaktiven Abfällen ins Meer. Die meisten Länder sind für ein Verbot, Großbritannien ist strikt dagegen.

Die Konvention zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks würde zwei fast 20 Jahre alte Vereinbarungen ersetzen, die aufgrund der gewachsenen Bedrohung des marinen Ökosystems und neuer Erkenntnisse als veraltet gelten. Der Geltungsbereich ist neben der Nordsee und dem Ärmelkanal der Atlantik zwischen Spanien im Süden, Spitzbergen im Norden und Grönland im Westen.

Die meisten Punkte des neuen Vertrags stehen. So soll das Vorsorgeprinzip festgeschrieben werden. Es sieht vor, daß eingeleitete Schadstoffe schon aufgrund einer vermuteten Gefährlichkeit aus dem Verkehr gezogen werden.

Des weiteren muß die Verklappung von Giftstoffen künftig von der Kommission in Paris genehmigt werden. Allerdings wird es zahlreiche Ausnahmen, insbesondere für Klärschlamm und andere Industrieabfälle geben. Nach den Worten des WWF- Nordsee-Experten Stephan Lutter wird diese Absicht dadurch „ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse“. Auch ein weiteres in der Konvention angestrebtes Prinzip ist nach Ansicht des Verbandes sinnvoll, aber unzureichend umgesetzt, das der „besten Umweltpraxis“. Danach müssen Schadstoffe soweit vermieden werden, wie es technisch machbar ist. Eingeschränkt wird dies, so Lutter, jedoch durch den Zusatz „und ökonomisch vertretbar“.

Der größte Hindernis ist die Versenkung radioaktiver Abfälle. Besonders Großbritannien, aber auch Frankreich und Belgien, sträuben sich bisher dagegen, sie vertraglich zu unterbinden. Laut einem der Umweltschutz-Organisation Greenpeace zugespielten Papier der britischen Delegation macht London ein Einlenken der übrigen Staaten zur Bedingung für die Unterzeichnung des Vertrags.

Unklar ist auch, ob die Umweltminister sich auf einen konkreten Zeitplan für den Stopp aller Einleitungen von organischen Chlorverbindungen einigen können. Auf die Gefährlichkeit dieser insgesamt 11.000 Verbindungen weist erneut eine Studie von Greenpeace hin, die jetzt veröffentlicht wurde. Demzufolge führen sie zu einer erheblichen Schädigung von Meereslebewesen. Üdo Bünnagel