Prestigeprojekt wackelt

■ Geplante Gartenstadt Neugraben gerät zunehmend unter Beschuß

gerät zunehmend unter Beschuß

Sie gilt als Paradestück von Traute Müllers Wohnungsbau-Sofortprogramm. Die „Gartenstadt Neugraben“, die nördlich des Neugrabener Bahnhofs aus dem Boden gestampft werden soll, könnte rund 10000 Menschen Wohnraum bieten. 3049 Wohnungen, Reihen- und Einzelhäuser sind hier geplant, noch in diesem Jahr will die Stadtentwicklungsbehörde (Steb) das Bebauungsplanverfahren auf den Weg bringen. Doch die Kritik mehrt sich: Naturschutzverbände und GAL, aber auch verschiedene Senatoren und die Harburger SPD nehmen die Pläne unter Beschuß.

So befürchtet die BUND-Sprecherin Susanne Voß eine Verunreinigung des Grundwassers durch die Großsiedlung, die nur wenige hundert Meter nördlich von einigen Brunnen des Wasserwerks Süderelbmarsch entstehen soll. Um den Baugrund zu stabilisieren, müßte auf dem Nord-Teil des Geländes Torf abgetragen werden, der das schnelle Einsickern von Oberflächenwasser ins Erdreich verhindert und Schadstoffe ausfiltert. Er soll durch eine fast zwei Meter dicke Sandschicht ersetzt werden. Susanne Voß: „Wertvolle Moorböden werden hier vernichtet, vergiftete Straßenabwässer gelangen dann ungehindert ins Grundwasser“.

Die Naturschützerin sieht ihre Befürchtungen durch ein im Auftrag der Umweltbehörde erstelltes Wassergutachten bestätigt, in dem die Prüfer mehrfach auf eine „hohe Gefährdung“ des Trinkwasserreservoirs durch die geplante Bebauung hinweisen. Auch die GAL-Harburg will aus diesem Grund zumindest das nördliche Drittel des Plan-Gebietes unbebaut lassen.

Auch die Harburger SPD mäkelt kräftig an den Plänen ihrer Senats- Genossin herum. Die Bezirks-Sozis wollen morgen im Stadtplanungsausschuß dem Neubauprojekt nur unter der Bedingung zustimmen, daß die Steb gleich 17 Veränderungen an ihrem Konzept vornimmt. So soll die Bebauung durch den Wegfall von 300 Wohnungen aufgelockert und ein Verkehrskonzept entwickelt werden, das die Gartenstadt vom Durchgangsverkehr freihält.

Daß daneben gleich vier Senatoren gegen die Müller-Pläne Front machen, geht aus einem streng vertraulichen Sachstands-Bericht der Steb hervor. Wirtschaftssenator Krupp möchte mehr Gewerbe in dem Neubaugebiet ansiedeln, Kollege Eugen Wagner hingegen ein Parkhaus mit 1000 Stellplätzen. Außerdem will die Steb die Planung der vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen für den Naturhaushalt vorläufig auf Eis legen, stößt damit aber auf den erbitterten Widerstand von Umwelt- und Finanzbehörde. Marco Carini