Verkehrssenator läßt im Osten weiter rasen

■ Auf 27 Straßen im Ostteil kann bis zu 70 km/h aufgedreht werden/ Demo gegen Haases Busspurkonzept für den Ku'damm

Berlin. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) setzt auf Tempo: Der Senat bewilligte gestern eine Vorlage der Verkehrsverwaltung, wonach auf 27 Straßen in Ost-Berlin bis zu 70 Kilometer gefahren werden darf. Weitere 37 Straßen, auf denen bisher eine Geschwindigkeitsregelung von 60 bis zu 80 Kilometer pro Stunde galt, werden auf Tempo 50 heruntergeschraubt. Die neuen Bestimmungen fußen auf Untersuchungen, die der Polizeipräsident seit Mai 1991 in jenen Ostberliner Straßen durchführen ließ, auf denen bisher Höchstgeschwindigkeiten über 50 Kilometer in der Stunde erlaubt waren. Haases Staatssekretär Ingo Schmitt erklärte gestern, die betroffenen Bezirke seien bereits angewiesen und die Beschilderung zum größten Teil geändert worden. Die Beibehaltung von Höchstgeschwindigkeiten bis zu 70 km/h verteidigte Schmitt mit dem Hinweis, dies gelte nur auf Ausfallstraßen und in Randgebieten. Außerdem gebe es im Ostteil keine leistungsfähige Autobahn oder Schnellstraßen wie in West- Berlin.

Zu den Straßen, auf denen 70 km/h gefahren werden darf, gehören unter anderem die Prenzlauer Promenade von der Triniusstraße bis zur Bundesautobahn und das Adlergestell in Köpenick.

Im Westteil wird nach Angaben von Schmitt derzeit geprüft, ob auf der Potsdamer Chaussee die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Kilometer pro Stunde erhöht wird. Bereits im April hatte Haase auf der Oranienburger Chaussee in Frohnau die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h erhöht. Begründung damals: Die Straße sei eine »übergeordnete Ausfallstraße«. Schmitt versicherte, daß an eine Änderung im Westen nicht gedacht sei. Im Innenstadtbereich des Westens werde nach wie vor Tempo 50 aufrechterhalten.

Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/ Grüne, Michael Cramer, warf Haase gestern eine »Windschutzscheibenperspektive« vor. Daß der Deutsche Städtetag mittlerweile für ein flächendeckendes Tempo 30 auf allen Stadtstraßen eintrete, sei an Haase offenbar »völlig vorbeigegangen«.

Unterdessen spitzt sich der Konflikt um die zeitliche Beschränkung der Busspuren am Kurfürstendamm zu. Der »Verband des Berliner Taxi- Gewerbes« (VBT) kündigte gestern eine Demonstration gegen Haases Busspur-Konzept für kommenden Mittwoch an. Mitbeteiligt sind neben der »Taxi-Vereinigung« auch verschiedene Verkehrsinitiativen. Am Protestkorso, der aller Wahrscheinlichkeit am Ku'damm beginnen und zum Roten Rathaus im Ostteil der Stadt führen wird, sollen sich nach Angaben des VBT-Vorsitzenden Joachim Marquardt bis zu 600 Taxis beteiligen.

Die Berliner »Taxi-Innung«, die rund 80 Prozent des Gewerbes vertritt, will sich nicht beteiligen. sev