NEUE EROTISCHE „ZEITSCHRIFT FÜR PARTNERSCHAFT“ AUS DEM HAUSE BEATE UHSE

Vom Sex mit allen Mitteln

Berlin (taz) — Penta-Hotel, Berlin. Die Belegschaft duckt sich hinter der Rezeption. „Ahem, entschuldigen Sie, die Pressekonferenz, die Präsentation, wo?“ Die Empfangsdame deutet errötend auf die Veranstaltungstafel. „Ich will, ähh, Sie wissen, das mit Beate Uhse“, flüstert der Frager. „Ganz hinten, den letzten Gang lang.“ Na also, keine falsche Scham. Immerhin lädt eine der cleversten und zweifelsohne die lustvollste Unternehmerin des Landes: Das neue Magazin von Beate Uhse, seit gestern auf dem Markt, soll vorgeführt werden. „Bei Show und Buffet werden wir Sie verwöhnen und für Ihr leibliches Wohl sorgen, damit Sie entspannt die Zeitschrift genießen können“, schmeichelt die Einladung. Der Raum ist voll. Kein Wunder, denn kein anderer Name regt gleichermaßen Phantasie und Körpersäfte an wie — eben: Beate Uhse.

Frau Uhse ist die Inkarnation von Sex mit allen Mitteln. Kataloge, Sexshops, Zeitschriften, Videos, wenn immer es ums menschliche Geschlecht geht, vibriert die Uhse mit. Sie hat das Monopol auf den Unterleib der Nation. Und der hat sich enorm geweitet: Mit der Mauer ließ auch der Osten Deutschlands lustvoll die Hüllen fallen. Unvergeßlich die langen Schlangen vor den Uhse-Sex- Shops, die über Nacht wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Freiheit ist eben auch die Freiheit, eine Gummipuppe zu vögeln. Doch kaum hat sich der Aufruhr der Hormone gelegt, stößt Frau Uhse in eine neue, zeitgemäße, diesmal gesamtdeutsche Marktlücke: Die Aids-geplagte Gesellschaft braucht eine erotische Zeitschrift für Partnerschaft.

„Wir sprechen Probleme an, die Paare beschäftigen“, stottert der überforderte Chefredakteur Andreas Rüthi (36), der im Impressum Andr Schweizer heißt. Der Mann im Hahnentrittanzug, Hände an der Naht, wirkt wie ein Konfirmand. Eigentlich ist er kein Schmierfink, sondern Kunstmaler und nur zufällig als Übersetzer zu Portland Publishing gekommen. Das britische Verlagshaus ist der Kompagnon von Erotik- Beate. „London ist eine Hochburg der Fetischismusmode“, erklärt Rüthi die Verbindung. Räuspern. „Der geplante Kanal zum Festland ist gleichsam ein Kanal der Erotik.“ Der Mann windet sich. „Unsere Themen betreffen Männer wie Frauen.“

Ein Blick in das Druckwerk, das in einer Auflage von 350.000 Exemplaren in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheint, gibt ihm recht. Schon der anschaulich bebilderte Aufmacher „Die Vorhaut: Weg damit?“ spricht eins der prekärsten Themen einer modernen Partnerschaft an. Stundenlange Diskussionen, ob oder ob nicht, der Artikel gibt Entscheidungshilfen. „Nicht das Einwickelpapier zählt, sondern das Geschenk“, lautet die Contra- Position. Der steht ein entschiedenes „Die Vorhaut ist Religion für mich“ entgegen. Wahrlich, das Heftchen nimmt kein Blatt vor den Schwanz. Erschütterndes wird enthüllt: „Männer täuschen den Orgasmus vor.“ Hochinteressant. Der Großteil der Medienvertreter blättert müde im Bericht „Gesund und vielseitig: die Banane“. Die Show, mit der uns die nichtanwesende Uhse lockte, ist so schal wie die Magazingeschichte von Monika, dem Zimmermädchen. Ein viertklassiger Conférencier mit blondgefärbten Pudellöckchen präsentiert drittklassige, zellulitisbefallene Models in Beate-Uhse-Kollektionen. Traditionell aufgestrapst segeln „unsere Mädels“ in High-Heels vorbei am erstklassigen Buffet. „Applaus für Kathrin!“ Die minderjährigen Lehrlinge der Hotelküche versinken in den Boden. Ohne Grund allerdings, denn die vorgetragenen Bustiers, Strapse, Tangas und Bodies sind züchtig. Lieschen Müller kauft solches Equipment mittlerweile bei C&A. Bleiben die Namen: Schwarze Mamba, Rote Lolita, Dizzy Lizzy, Park Avenue „mit dem Schritt zum Knöpfen“, wie der Vorturner säftelt. Die Zuschauer nesteln im Sexheftchen, nur ein fremder Bobtail schnüffelt interessiert. Selbst der gänzlich unbekannte Stargast Mark Davis drückt sich. „Macht nix“, gurgelt der Conférencier, „dann singt eben meine Frau. Hat auch Talent, die Kleine. Komm, Piggy, sing.“ Piggy singt. Leider. Das Buffet spendet Trost. Doch die Enttäuschung sitzt tief. Keine hartgesottene Uhse, keine feuchten Anzüglichkeiten, keine perversen Warenpröbchen, kein aufreizendes Anschauungsmaterial. Nichts. Nur eine Bravo für Erwachsene. Und kostenlose Straps-Fotos für die Zeitung. Billiger kann man nicht werben. Sie hat uns reingelegt, das Luder. Michaela Schießl