Lokalkoloratur: Gartenzwerge

LOKALKOLORATUR

Sein Faible für Wichtel und sonstige Gartenwächter konnte man Gunter S. so gar nicht ansehen, als er gestern morgen ungeduldig vorm Saal 101 des Amtsgerichts Hamburg Altona auf den Beginn seiner Verhandlung wartete. Mausgrau gekleidet präsentierte sich der hornbebrillte Mann, dem zur Last gelegt wurde, 14 der kleinen bunten Gartenzwerge gestohlen zu haben — und diesen Gesetzesverstoß, einem (jetzt wohl nicht mehr so) guten Freund in die Schuhe geschoben zu haben. Doch damit nicht genug. Eine unschuldige Plastik-Enten-Familie, ein Rotkäppchen und einen bösen Wolf ließ er gleich auch noch mitgehen. „Vergessen Sie nicht, das zu notieren — wenn Sie schon hier sind“, wies der Richter leicht pikiert die zahlreich erschienenen Pressevertreter an. Sichtlich erstaunt über die große Resonanz und schlicht am Menschenverstand zweifelnd fragte er in die Menge, ob es denn heute nichts Interessanteres als 14 Gartenzwerge gebe. Um gleich darauf hämisch die Einstellung des Verfahrens zu verkünden — „aber ich kann ihnen ja wenigstens erzählen, worum es gegangen wäre.“ Das tat er dann auch in knappen Worten. Gunter S. war im Februar schon wegen Raubes und Körperverletzung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Der Richter wies darauf hin, daß hier ein „klassischer Fall des Paragraphen 154“ vorliege — eine Nebenstraftat wird wegen Geringfügigkeit nicht weiter verfolgt. Doch Herr S. könne jetzt ebenso wieder nach Hause gehen wie die Presse — bei der sich der Richter dann doch ausdrücklich für ihr Kommen bedankte. Oh bitte sehr, nichts für ungut, gern geschehen! gag