Leben light wird völlig out

■ „Sahnetorte light“ und „Hundefutter extraleicht“: Der Preis fürs Weniger ist hoch

Der moderne Mensch hat einen Katalysator am Auto, eine Sparbirne in der Schreibtischlampe und einen solarbetriebene Kurzzeitwecker. Seine Ernährung besteht aus Light-Cola, Light-Bier, Light-Käse, Light-Vollkornbrot und Light-Quark.

So ziemlich jedes Lebensmittel hat mittlerweile sein Light-Pendant. Auch auf Süßes muß niemand verzichten, gibts doch die „Leichte Sahnecremetorte“ und die lighten Fruchtgummis. Duschen light? Kein Problem, und damit Moppel genauso ungehemmt wie Frauchen schlemmen kann, zaubert Mami das Hundefutter light aus dem Vorratsschrank.

Mit den kalorien-, zucker-, fett- oder was-auch-immer-reduzierten Produkten wird jährlich ein Umsatz von über vier Milliarden Mark gemacht. Der Garant zum Erfolg: die Werbung suggeriert den VerbraucherInnen, sie könnten weiter nach Herzenslust essen — Gesundheits-Freibrief inclusive. „Dabei ist noch lange nicht alles so verträglich, wie es verkauft wird“, sagt Rüdiger Warnke von der Verbraucherzentrale.

Viele Unternehmen haben es sich beim Einstieg in den boomenden Markt leicht gemacht: sie verpassten ihren Lebensmitteln den Aufdruck „light“, ohne das Produkt zu verändern. Die Verbraucherschützer sind oft machtlos: Der Begriff „light“ ist nicht gesetzlich geschützt.

Lediglich die Kalorienreduzierung ist gesetzlich geregelt: entweder hat das Light-Produkt mindestens 40 Prozent weniger Kalorien als ein vergleichbares Produkt, oder es werden bestimmte Höchstgrenzen eingehalten. Das führt zu absurden Situationen: da gibt es ein „leichtes“ Vollkornbrot, das nur minimal weniger Kalorien enthält als das „Normale“, aber diese Höchstgrenze einhält. Vollends undurchschaubar wird es beim Käse: Der muß, je nach Fettgehalt, unterschiedlich klassifiziert sein — als Doppelrahmstufe, Rahmstufe etc.. Wenn aber ein Doppelrahm-Käse mit über 80 Prozent Fettgehalt um 40 Prozent fettreduziert wird, darf er „light“ genannt werden — obwohl er immer noch der zweithöchsten Fettstufe angehört.

Die Verbraucherzentrale hat bis heute 21 Light-Produkte abgemahnt. Gewonnen hat sie nach eigenen Angaben bereits in drei Fällen: Zum Beispiel mußte die aufgeblasene Luftschokolade ihren „Leicht“-Aufdruck wieder abschaffen — in 100 Gramm waren genauso viel Kalorien enthalten wie in anderer Schokolade auch.

Selbst bei ordnungsgemäß deklarierter Light-Ware bleibt ein Problem: Die Suggestion, es könne unbeschwert noch mehr gegessen werden als bisher. Außerdem sättigen viele Light-Produkte nicht — Milchdesserts zum Beispiel werden oft mit Luft angefüllt. Als Dreingabe zu dieser ad absurdum geführten Ernährung ißt man noch eine unübersehbare Menge an Zusatzstoffen mit. Denn „Light“-Lebensmittel sind in der Regel hochverarbeitete Produkte. Damit eine Margarine zur Margarine light werden kann, wird ihr bis zu 60 Prozent Wasser beigefügt; wie für fast alle Verfahren zur Herstellung von „Lightem“ wird dazu ein ganzes Bataillon von Emulgatoren, Stabilisatoren und Konservierungsstoffen benötigt. skai

Bis Ende November ist eine Info-Schau über Lightprodukte im Beratungsladen der Verbraucherzentrale Bremen/Mitte, Am Wall 121, zu sehen.