„Den anderen wichtig nehmen“

■ Zwölf türkische SchülerInnen zu Gast beim Schulzentrum Kornstraße in Bremen

„30 Grad heiß war's in der Türkei. Vor unserer Abfahrt sind wir alle nochmal ins Meer gesprungen“, sagte Erhan (18), einer von 12 GastschülerInnen, die letzten Sonntag aus Marmaris an der türkischen Ägäis nach Bremen kamen.

Nach fünf Tagen Bremen sind die türkischen SchülerInnen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren immer noch hellauf begeistert. „Die Leute sind noch freundlicher als wir gedacht haben“, sagt Sedat (17). „Ganz anders als die deutschen Touristen in Marmaris, die meistens eingecremt zwischen Hotel und Strand hin und her laufen“, sagt er in akzentfreiem Deutsch.

Die Idee zu diesem außereuropäischen Schulaustausch kam Peter Balzer vor drei Jahren durch den hohen Ausländeranteil bei den SchülerInnen seiner Schule. Rund 30 Prozent aller SchülerInnen im Schulzentrum Kornstraße AusländerInnen, die meisten von ihnen TürkInnen. Der Schüleraustausch soll „Vorurteile knacken“. Der Schüleraustausch habe Symbolcharakter: „Er zeigt, daß man den anderen wichtig nimmt“.

Für den Gegenbesuch aus der Türkei fehlte bislang immer das Geld. In diesem Jahr half die Landeszentrale für politische Bildung und die St. Jakobi Gemeinde finanziell nach. Ein Teil der Flugkosten konnte bezahlt werden. Gasteltern stellen kostenlos Unterkunft und Verpflegung. 3.000 Mark blieben für das Programm:

Erhan und Sedat (von links) auf Bremen-BesuchFoto: Tristan Vankann

Neben vielen Bremer Pflichtübungen wie Rathaus und Stadtmusikanten steht auch eine Fahrt an die Nordsee („um die Ebbe zu sehen“), eine Hafenrundfahrt und ein Theaterbesuch an.

Daß sie als AusländerInnen hier unerwünscht wären, davon haben die 12 TürkInnen und ihre drei Begleitpersonen noch nichts gespürt. Hüseyin Teker, Türkisch-Lehrer am Schulzentrum: „Wir haben in Bremen bestimmte Gegenden vermieden“. Sein Kollege Balzer: “Wir wollten aber auch nicht nur das Schöne von Bremen zeigen“.

Den ganzen Sommer über haben die türkischen SchülerInnen in Marmaris für die Touristen in Restaurants oder im Jagdhafen gearbeitet. „Für uns ist alles sehr teuer hier“, sagt Erhan. „Für eine Mark, umgerechnet etwa 5.000 türkische Lira, bekommt man bei uns fünf Brote.“ Hier in Deutschland kann man für das gleiche Geld zwei Brötchen kaufen.

Deshalb mußte auch die Hälfte der türkischen Klasse zuhause bleiben. Finanzielle Unterstützung von türkischer Seite habe es keine gegeben, meint Nüvit Kaya, Deutsch-Lehrerin am Li

hier bitte die Gesichter

sesi Marmaris. „Allein für die Ausreise mußte ich aus eigener Tasche noch 100 Dollar zahlen.“ Als Lehrerin verdient sie im Monat umgerechnet 600 Mark. Auch die Schüler mußten für die Ausreise 50 Dollar zahlen.

Drei Wochen wollen die türkischen SchülerInnen in Deutschland bleiben. „Jeder erwartet von uns Schokolade“, sagte Figen (16). Am Sonntag erwarten SchülerInnen in Marl (Ruhrgebiet) die türkischen Gäste. Dann heißt es Allahaismarladik. iyi günler. (Auf Wiedersehen. Schöne Tage.) Marion Wigand