GASTKOMMENTAR
: Den Tropenhelm absetzen

■ Nicht über den Süden reden, sondern hierzulande handeln

Aufklärung und Information über die Eine Welt in Schulen, Betrieben und Vereinen ist wichtig; ist vielleicht wichtiger als die gut gemeinte und teilweise auch gut gemachte Projektarbeit in den Entwicklungsländern. Wenn nicht über Aufklärung und Information, wie sonst soll dann die Mauer der Ignoranz, der Gleichgültigkeit und Verdrängung gegenüber dem Elend in vielen Entwicklungsländern durchbrochen werden? Schon deshalb ist es zu begrüßen, daß die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit diesen Fortbildungskongreß für LehrerInnen veranstaltet und gegenüber dem mauernden Schulsenat durchgesetzt hat. Je größer die Angst vor dem Fremden im allgemeinen wird und besonders gegenüber den Fremden, die in Deutschland Schutz, Brot und Verständnis suchen, um so deutlicher wird die Notwendigkeit von aufklärender Information und aufklärendem Handeln. Die Frage ist nur: Worüber aufklären? Der Kongreß trägt nicht mehr die typischen Züge des voyeuristischen Schielens der Dritte-Welt-Bewegung nach »Befreiungsmodellen« und den sie tragenden »Bewegungen« des Südens. Viele Themen behandeln unsere eigene Gesellschaft und die hier und von uns produzierten Ursachen des Elends im Süden. Das ist ein richtiger Weg. Erst wenn wir es gelernt haben, den inneren Tropenhelm abzusetzen, wenn wir über den Süden reden und konsequent den Blick auf die von unserem land mitzuverantwortende EG-Agrarpolitik richten, die den Bauern des Südens den Hals zuschnürt, und auf Sause- Krauses Verkehrspolitik, die den Klimakollaps der Einen Welt beschleunigt, dann kann auch entwicklungspolitische Bildungsarbeit zu einem wichtigen Teil des Kampfes für die Eine Welt werden, in der die Brandflaschen von Hoyerswerda und Rostock keinen Platz mehr haben. Vera Buerschaper

(Mitarbeiterin der Gesellschaft für

solidarische Entwicklungszusammenarbeit)