Kabelrat: Radio r.s.2 auf dem Prüfstand

■ Beim Privatsender r.s.2 bestimmen zwei Bauunternehmer und die Berliner Bank die Geschäfte/ Kabelrat prüft mögliche Lizenzverstöße des Senders

Berlin. Für seine planmäßige Sitzung am gestrigen Donnerstag änderte der Kabelrat überraschend die Tagesordnung. Völlig unüblich wurde noch kurz vor dem Zusammentreffen des Fünfergremiums der Geschäftsführer des Erfolgssenders r.s.2, Peter Schiwy, geladen, um Rede und Antwort zu stehen. Bei den staatlichen Kontrolleuren des privaten Rundfunks in Berlin war der Verdacht aufgekommen, daß der Rias2- Nachfolger gegen seine Lizenzauflagen verstoßen hat. Die Kabelräte waren durch Informationen aufgeschreckt worden, wonach mehr Leute auf die Geschicke von r.s.2 Einfluß nehmen, als ihnen bislang bekannt waren.

Als der Sender im Frühjahr seine Lizenz erhielt, lag dem Aufsichtsgremium lediglich ein Gesellschaftervertrag vor, wonach Schiwy 44 Prozent, der Rechtsanwalt Peter Heers 21,5 Prozent und eine Reihe von Journalisten jeweils maximal 8,25 Prozent der Anteile hält. Nicht bekannt war dem Kabelrat hingegen eine notariell beurkundete Vereinbarung der Gesellschafter, wonach Schiwy und Heers das Recht haben, »ohne weiteren Gesellschafterbeschluß dem Kaufmann David Grojnowski Anteile aus ihren eigenen Geschäftsanteilen zum Nennwert« zu übertragen. Grojnowski ist ein Bauunternehmer aus Hannover. Wie Schiwy gestern gegenüber der taz erklärte, wurde ihm diese großzügige Option »aus einer Notsituation heraus« eingeräumt: Als r.s.2 das alte Rias-Gebäude verlassen mußte, habe man die Möglichkeit gehabt, in Brandenburg ein schönes Grundstück für 10 Millionen Mark zu erwerben. Da diese Summe, so Schiwy, »an unsere Grenze gegangen« wäre, habe man geschaut, »ob uns das vielleicht einer kauft«. Das Geschäft sei nicht zustande gekommen. Für seine großzügige Bereitschaft erhielt Grojnowsky nicht nur die Aussicht auf eine Beteiligung an r.s.2, die Gesellschafter beriefen ihn zudem in den Aufsichtsrat, um sich »fehlenden Sachverstand« zu holen. Ihren Sachverstand steuern im Aufsichtsrat, so war jetzt zu erfahren, auch der Düsseldorfer Bauunternehmer Florian Altmann und ein Vertreter der Berliner Bank bei, vierter und einziger Gesellschafter im Bunde ist Heers.

Die Aufsichtsräte steuern allerdings ein bißchen mehr als nur ihren Sachverstand bei. Sie berufen und entlassen die Geschäftsführer und üben ihnen gegenüber die Kontroll- und Mitbestimmungsrechte von Gesellschaftern aus. Dem Kabelrat erschien das zunächst nicht ungewöhnlich, ging er doch davon aus, daß der Aufsichtsrat »grundsätzlich aus dem Gesellschafterkreis der Gesellschaft gebildet werden soll«. So steht es jedenfalls in dem ihm vorliegenden Gesellschaftervertrag. Schiwy begründet den späten und überraschenden Umbau der Unternehmensleitung lediglich mit dem »externen Fachrat«, den man sich geholt habe.

Dem Kabelrat waren die externen Aufsichtsräte bislang unbekannt. Ein »ernsthafter Vorgang«, so der Direktor der Medienanstalt, Hans Hege, der hätte angezeigt werden müssen. Denn in ihrer Lizenz haben sich die r.s.2-Betreiber verpflichtet, »Maßnahmen zu treffen, um die Unabhängigkeit der Gesellschaft von Einflüssen Dritter zu sichern«. Beteiligungen Dritter mit einem »einer Gesellschafterstellung entsprechenden Einfluß auf die Programmgestaltung (...) bedürfen der Genehmigung«. Schiwy und seinen Mitgesellschaftern droht nun ein Bußgeld von 100.000 Mark. Die Option will er so schnell als möglich rückgängig machen. dr/mail