Läuterung im Kampnagel-Possenspiel?

■ Noch kein neuer Vorstand gewählt / Trägerverein fordert Umwandlung in GmbH / Jetzt muß der Senat Farbe bekennen

gewählt / Trägerverein fordert

Umwandlung in GmbH / Jetzt muß der Senat Farbe bekennen

Die Wolken über Kampnagel scheinen sich zu lichten. Obwohl der Trägerverein der Kulturfabrik auf seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag nicht — wie geplant — einen neuen Vorstand gewählt hat, kommt wieder Bewegung in das Drama. Schon im Vorfeld wurde bezweifelt, ob allein ein neuer Vorstand, von dem man Konzepte für das Überleben der bisher stets unterfinanzierten Kunstproduktionsstätte erwartete, einen Schlußstrich unter die meist wenig produktiven Diskussionen, Bezichtigungen und Unterstellungen in der Kulturfabrik ziehen könnte.

Die Mitglieder faßten mit großer Mehrheit den Beschluß, die Kultursenatorin Christina Weiss zu bitten, den Trägerverein der Kulturfabrik in eine staatliche GmbH umzuwandeln. Zweitens soll in der Sitzung am 22.Oktober ein Vorstand gewählt werden, der die Abwicklung des Trägervereins ohne Störung des Betriebs gewährleistet.

Der Verein war 1989 gegründet worden, weil der Senat die Form der staatlichen GmbH abgelehnt hatte. Dabei darf man dem Senat die damalige Hoffnung unterstellen, daß er Kampnagel eher als ein zeitlich begrenztes Phänomen einschätzte: Man plante Wohnungen auf dem Gelände. Mittlerweile hat sich die Kulturfabrik etabliert — und die Wohnungsbaupläne von 1981 werden in Form und Umfang wieder heftig diskutiert.

Gleichzeitig aber sah man einst die Vereinsform auch als ein kommunikatives Medium unter den auf Kampnagel produzierenden Künstlern. Doch im Streit der letzten Monate zeigte sich, daß die Kommunikation nicht mehr funktionierte, obwohl ein Beirat aus den Produzentenkreisen auf Kampnagel konstituiert wurde. Zudem hat sich die Kulturfabrik inzwischen zu einem Unternehmen mit sechs bis sieben Millionen Mark Umsatz im Jahr entwickelt, und ist kaum noch von ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern verantwortlich zu leiten.

Die Kultursenatorin erklärte gestern zurückhaltend, die Entscheidung des Vereins sei für sie nicht unerwartet gekommen: „Ich lasse verschiedene Modelle einer Trägerschaft prüfen, womöglich auch als GmbH.“ Doch damit eine GmbH

1überhaupt eine Chance bekommt, wird die Parteilose in den politischen Gremien noch geduldig und zäh Überzeugungsarbeit leisten müssen. Jürgen Zielinski, Leiter des Jugendtheaters, sorgt sich derweil wenig um das „Possenspiel“.

1Sämtliche Vorstellungen der Abwege, dem Jugendstück über Rechtsradikalismus, sind ausverkauft, und das Publikum diskutiert die Lage im kälter werdenden Deutschland. Dafür ist Kampnagel ja eigentlich gedacht. jk