Anschlag auf jüdisches Mahnmal aufgeklärt

■ Drei Männer in Berlin festgenommen/ Umfangreiche Waffen- und Sprengstoffsammlung entdeckt/ Einer der Täter hat bereits gestanden

Berlin. Überraschend schnell ist der Anschlag auf das Mahnmal für die deportierten Juden an der Putlitzbrücke aufgeklärt worden. Die Polizei nahm am Donnerstag abend und gestern früh drei Männer im Alter von 27 bis 35 Jahren fest. Einer der Täter, der 31jährige Detlef M. aus Wedding, hat inzwischen eingeräumt, den Anschlag gemeinsam mit seinem Freund Lutz Me. verübt zu haben. Ein dritter Tatverdächtiger, der 27jährige Frank K. aus Kreuzberg, hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Das Mahnmal im Bezirk Tiergarten war erst vor vier Wochen durch eine elektrisch gezündete Bombe schwer beschädigt worden — nur wenige Tage nach den Pogromen von Rostock.

Nach Angaben des Staatsschutzes, der die Ermittlungen führt, sollen Detlef M. und Lutz Me. weitere Straftaten zugegeben haben. Darunter sei auch der Sprengstoffanschlag am 17. Juni dieses Jahres auf ein Ausländerwohnheim in Wedding. Detlef M. habe seine Aktionen damit begründet, »etwas gegen Ausländer und Juden zu haben«. Zu seinen Taten habe er sich durch die gewalttätigen Ausschreitungen in Rostock und durch die Anschläge auf Asylbewerberheime inspirieren lassen, so der Staatsschutz in einer Erklärung. Ferner will Detlef M. dem 27jährigen Frank K. aus Kreuzberg mehrere von ihm selbst gebastelte Sprengkörper übergeben haben. Mit diesen soll K. — zum Teil in seinem Beisein — Sprengungen durchgeführt haben.

Auf die Spur zu den Tätern war die Polizei durch einen Hinweis aus der Bevölkerung gekommen. Noch am Donnerstag abend wurde Detlef M. auf seiner Arbeitsstelle festgenommen. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung in Wedding stellten die Beamten ein ganzes Waffenarsenal sicher: Hand- und Faustfeuerwaffen, Munition verschiedenster Kaliber, Handgranaten, umfangreiche Komponenten zur Herstellung von Sprengsätzen, Chemikalien und militärische Sprengstoffe. Daneben fanden sich auch Funkgeräte.

In der Weddinger Wohnung von Lutz Me., der gestern festgenommen wurde, fanden sich laut Staatsschutz neben Totschlägern und Schlaginstrumenten Beweismittel zu weiteren Straftaten. Bis gestern nachmittag lagen der Polizei noch keine Erkentnisse darüber vor, ob die drei Männer Verbindungen zu neonazistischen Organisationen haben.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, kritisierte gestern bei seinem Antrittsbesuch in Berlin die Justiz und Polizei wegen ihres nachsichtigen Verhaltens gegenüber rechtsradikalen Ausschreitungen. Die unlängst in Ost-Deutschland gefällten Urteile seien »kein richtiges Zeichen«. Die Anklage und das Verfahren in Eberswalde und Postdam, bei dem Rechtsradikale wegen Tötung und schwerer Körperverletzung gegen Ausländer vor Gericht standen, hätten auf versuchten Mord lauten müssen. Zugleich verlangte Bubis die Beibehaltung des Grundrechts auf politisches Asyl. Statt über die Änderung des Artikels 16 zu diskutieren, müsse die Politik über Maßnahmen gegen die Straftäter reden. Severin Weiland