: Der Umweltschutz als Leitlinie
Auf der Weltenergiekonferenz hat sich gezeigt, daß die Richtung der Energiepolitik geändert werden muß ■ Aus Madrid Antje Bauer
Die Zukunft gehört dem Erdgas und der Atomenergie, so lautet der Tenor der Weltenergiekonferenz, die gestern nach fünftägiger Dauer in der spanischen Hauptstadt zu Ende ging. Delegierte der Erdöl- und Atomkonzerne, Energieminister und Wissenschaftler hatten auf dem Kongreß versucht, eine Standortbestimmung vorzunehmen und Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. Am Wochenende zuvor hatten bereits zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf einem Gegenkongreß ein Umdenken in der Energiepolitik verlangt.
Die Analyse der beiden Kongresse wies durchaus Gemeinsamkeiten auf: Das Thema Umweltschutz zog sich wie ein roter Faden auch durch den offiziellen Kongreß — als Bedrohung für die Pfründe der Energiewirtschaft und gleichzeitig als Notwendigkeit, neue Wege einzuschlagen. Selbst in den Lösungen wurden teilweise vergleichbare Forderungen aufgestellt: Auf beiden Tagungen wurde ein effizienterer Energieeinsatz und mehr internationale Kooperation verlangt. Wo es jedoch um konkrete Perspektiven ging, schieden sich freilich die Geister: „Im Jahr 2030 müssen die erneuerbaren Energien 70 Prozent des Weltenergieverbrauchs ausmachen“, forderte die alternative Konferenz unter Hinweis auf Treibhauseffekt und Klimaveränderung. Der Weltenergierat wollte es hingegen nicht so genau haben: „Wir sind heute weit entfernt, eine selbst annähernde Verbindung zwischen den Kohlendioxidemissionen, ihren klimatischen Auswirkungen und den damit verbundenen Risiken und Kosten aufstellen zu können“, versicherte in einer Abschlußveranstaltung J. Bergougnoux, Generaldirektor des französischen Energiekonzerns EDF. Sein Rat: „Ab heute alles das tun, was in Richtung einer Reduzierung der Abgase geht und nicht zu teuer ist und abwarten, bis man mehr weiß, um teurere Entscheidungen zu treffen.“
Die Forderung nach Senkung des Energieverbrauchs in den Industriestaaten fiel jedoch auf der offiziellen Konferenz nur teilweise auf fruchtbaren Boden. „Energieeinsparung ist die billigste Art, den Energiebedarf zu decken, ohne zum Treibhauseffekt beizutragen“ resümierte der tschechische Professor und ehemalige Energieminister Jaroslaw Suwa. Er unterstrich die Notwendigkeit, Energie effizient einzusetzen und die Umweltkosten mit einzukalkulieren — eine Forderung, die die Umweltschützer seit langem stellen.
Die Atomindustrie sieht in der Forderung nach sauberer Energieversorgung einen Lichtschimmer. „Entwickelte Nuklearenergiesysteme stellen einen bedeutenden Beitrag zur Sättigung des Energiebedarfs auf umweltakzeptable Weise dar“, versicherte Suva unter Hinweis auf die CO-2-Emission. Doch diesen Optimismus wollten nicht alle Teilnehmer teilen: „Die Entwicklung der Nuklearenergie stößt auf Akzeptanzprobleme, warnte der französische EDF-Boss Bergougnoux.
Obwohl Erdöl nach wie vor der Hauptenergieträger ist, war von den erdölerzeugenden Ländern auf dem offiziellen Kongreß wenig zu hören. Selbst der zu Beginn der Konferenz noch recht optimistische OPEC-Generalsekretär Subroto mußte schließlich zugeben, daß die Tendenz eindeutig in die Richtung erneuerbarer Energien weise. Der indonesische Energieminister appellierte an die arabischen Ölländer, den Erdölbedarf nicht durch politische Instabilität in der Region weiter aufs Spiel zu setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen