Das Läuten der Luft

■ Tosiya Suzuki, Flöte, und Junko Ueda, Gesang, bei den Japan-Tagen von DACAPO

Jetzt sind die bremischen Japan-Tage in Bremen in vollen Gang gekommen: Tosiya Suzuki, dem preisgekrönten Flötisten auf Blockflöte und der ähnlichen japanischen Version, Shakuhachi, war es vorbehalten, das Bremer Publikum in der Galerie Rabus einzustimmen.

Suzukis Spiel ist sehr gegensätzlich. Mal blies er sehr getragene, von innerer Ruhe geprägte Figuren wie im Traditional „Sika No Toone“. Dann aber öffnete er seine Oberlippe über dem Mundstück soweit, daß sehr viel Luft an der Flöte vorbeiströmte. Die „Meditation“ des Komponisten Ryohoi Hirose war so ein Beispiel. Das sehnsüchtig melancholische Stück wehte wie ein Herbstwind durch den Saal, als wenn sich die Luftströme durch Büsche und Bäume schlängelten. Hier stärker, dort sanfter, aber immer mit einer gewissen Kühle.

Der Oboe entlockte er dann ganz andere Töne: Perkussiv, mit schnellen Druckabfolgen auf die Klappen, setzte er rhythmische Kontrapunkte zu lang geblasenen Linien, die er danach wieder im Stakkato mit seiner Preßtechnik ablöste. Tosiya Suzuki fühlt sich offenbar sehr zu kontemporären Musik hingezogen, das machte auch sein Doppelspiel auf zwei Blockflöten gleichzeitig deutlich. Da jagten sich die Töne durch den Raum, immer schneller. Der sonst so zurückhaltende Musiker stöhnte in seine Instrumente und schlug mit einem lauten Aufschrei auf den großen Gong.

Ganz anders dann der zweite Teil des Doppelkonzertes mit der Sängerin und Lautenspielerin Junko Ueda. Zunächst nur als Solo-Stimme modulierte sie Vokale des japanischen Alphabets. Wenn alle Luft ihre Lungen verlassen hatte, beendete sie den Vokal mit einer Art Glucksen oder Gurren. Die Dame mit dem pechschwarzen Haar bis an die Oberschenkel und dem lila-schwarzen Kimono ist in ihrer Heimat eine bekannte Vertreterin des buddhistischen Shomyo-Gesangs. Als eine nahe Findorffer Kirche vielglockig zum Abendgebet bat, korrespondierte das Geläut ganz eigenartig mit dem sakralen Gesang.

Nach einer kurzen Pause kehrte Ueda-San mit der Biwa, einer Knickhalslaute, zurück, die sie aufrecht auf dem Schoß plazierte. Mit einem großen dreieckigen Brett, einem überdimensionierten Plektrum, riß oder schlug sie ihre Saiten an. Das tat sie entweder spärlich, um jeden schnell abklingenden Ton nachwirken zu lassen oder in flinker Folge. Dazu sang sie, diesmal aber einen Text. Auch wenn die Biwa ein Holzinstrument ist, klingt sie dennoch metallisch dissonant. Ein erhabener und würdevoller Vortrag einer Könnerin. Jürgen Francke