■ PORTRAIT
: Segolene Royal

Die Ansichten über ihren Sachverstand gehen auseinander, doch eine Fähigkeit spricht der französischen Umweltministerin Segolene Royal niemand ab: Sie versteht es, sich und ihr Ressort in die Schlagzeilen zu bringen. Umweltminister Töpfer bekam ihre Tatkraft zu spüren, als sie Ende August kurzerhand den deutschen Mülltourismus stoppte, nachdem im Hausmüll auch illegaler Klinikmüll entdeckt worden war. Sie nutzte den Skandal, um die Vorschriften zur Ein

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fuhr von Hausmüll zu verschärfen. Damit erntete sie viel Lob. Kurz darauf griff die Ministerin jedoch daneben: Sie ließ sich von einer Greenpeace-Aktion in der Hafenstadt Le Havre mitreißen und untersagte den Import von australischem PCB (polychlorierte Biphenyle), einem krebserzeugenden Stoff. Die Chemikalie sollte jedoch völlig legal zur Entsorgung in eine französische Spezialfabrik transportiert werden. Im Tauziehen mit Industrieminister Strauss-Kahn zog Royal den kürzeren. Ihr Vorgänger Brice Lalonde sprach verächtlich von „Baby-Robben- Ökologie“: Segolene Royal werfe sich in spektakuläre Aktionen, ohne sich vorher kundig gemacht zu haben.

Segolene Royal gehört der sozialistischen Regierung erst seit April an. Schon zuvor hatte sie eine außergewöhnliche Karriere: Als eine von ganz wenigen Frauen absolvierte sie die exklusive Verwaltungshochschule ENA, die Frankreichs stromlinienförmige und technokratische Elite züchtet. 1982 wurde sie im Präsidentenpalast Mitarbeiterin für gesellschaftliche Fragen. Sie widmete sich Alltäglichem, kämpft (bis heute) gegen die Sommerzeit und versuchte als Abgeordnete ein Gesetz durchzuboxen, nach dem Gewaltszenen im Fernsehen vor später Stunde verboten werden sollten. In der Regierung hat die 39jährige vor allem eine Mission: Sie soll Stimmen für die Sozialisten zurückerobern, die zu den Öko-Parteien abwandern. Daran — und zugleich an ihrer eigenen Karriere — arbeitet die auffallend gutaussehende Frau unermüdlich. Selbst die Geburt ihres vierten Kindes Flora in diesem Sommer hielt sie nur wenige Tage vom Schreibtisch und gar nicht von den Kameras fern: Die Nation durfte am Familienglück teilnehmen. Bettina Kaps