Unterm Strich

Ralph Manheim konnte Deutsch und nutzte ziemlich wahllos, was er nun mal gelernt hatte. Er übersetzte Hitler, Freud, Brecht und Grass gleichermaßen — wir hoffen, qualifiziert — ins Englische. Er ist letzte Woche im Alter von 85 Jahren in Cambridge verstorben. Bei dieser Kondolenzgelegenheit sei ein Irrtum der New York Times korrigiert, die seinerzeit über Manheim schrieb: „Er hat seinem Land gedient, und er hat ihm gut gedient, indem er die erste englische Hitler- Übersetzung produzierte, die dem Autor gerecht wird. Hier ist Hitlers Prosa zum ersten Mal auf englisch fast so unlesbar wie auf deutsch.“ Nein, lesbar war das alles schon, viel zu lesbar leider. Manheim, der selbst Romane und Kinderbücher schrieb, mußte seit neun Jahren nicht mehr von seinen Tantiemen leben. Er wurde 1983 mit dem „Genie“-Preis der MacArthur-Stiftung ausgezeichnet, der ihm auf Lebenszeit ein Jahreseinkommen von 60.000 Dollar sicherte.

Zhou Chun lebt noch. Der Unternehmersohn aus Shanghai hat es bis zum Dolmetscher Maos gebracht, erlitt dennoch 22 Jahre der Verbannung und Zwangsarbeit. Er lebt heute, 66jährig, als Germanist in Berlin und hat jetzt seine Autobiographie veröffentlicht, Titel: „Ach, was für ein Leben“.

Predrag Matewjewitch war in Deutschland weitgehend unbekannt. Seine gesammelten Essays wurden jedoch ins Französische übersetzt („Breviaire mediterranéen“), was dem in Zagreb lehrenden Professor für französische Literatur den schweizerischen Charles-Veillon-Preis für europäische Essayistik eingebracht hat. Die Summe von 20.000 Schweizer Franken wird ihm im Dezember in Genf übergeben.

Herbert von Karajan lebt in Bronze weiter. In der Berliner Philharmonie wird am Donnerstag eine Büste des 1989 verstorbenen vorletzten Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker enthüllt. Das Werk stammt von Hans Baier und wird im Beisein von Karajans Witwe neben den Büsten Furtwänglers, Nikischs und Hans von Bülows aufgestellt.

Original sorbisches Vogelhochzeitsgebäck eines Lausitzer Bäckermeisters hat am vergangenen Wochenende im amerikanischen Bundesstaat Texas ausgezeichnet geschmeckt. In der Siedlung „Serbien“ fand ein sorbisches Kulturfest statt, das vom Sorabia- Filmstudio Bautzen „in Bild und Ton festgehalten“ wurde, so berichtet ein Augenzeuge. In den Jahren 1853 und 1854 waren über 500 Sorben aus Sachsen und Preußen nach Texas ausgewandert und hatten die Siedlung Serbien gegründet, in der Nachfahren noch heute ansässig sind.

Die katholische Kirche Lateinamerikas will in Zukunft stärker als bisher die sozialen und politischen Nöte der Menschen in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen und die Ausbreitung der Sekten auf dem Kontinent eingrenzen, so ein Arbeitspapier der Bischofskonferenz von Bogota.