Überangebot an Wolkenkratzern in der Bankenmetropole Frankfurt

■ Messeturm steht wegen horrender Mieten zur Hälfte leer/ Commerzbank kam mit Kommunisten ins Geschäft

Frankfurt/Main (taz) — Sie sind die Wahrzeichen von „Mainhatten“: die Wolkenkratzer in der City der Bankenmetropole Frankfurt am Main. Und noch Ende der 80er Jahre glaubten die Vorständler (fast) aller rund 400 Banken zwischen Hauptwache und Hauptbahnhof, daß man(n) ohne einen phallusförmigen Geldspeicher von Duckscher Dimension bei potentiellen Einlegern als monetär impotent klassifiziert werde.

So balgten sich die Banker in der Mainmetropole um die knappen Arreale an der Geldmeile Mainzer-Landstraße. Die distinguierte Commerzbank verhandelte beim „run“ auf die besten Standorte für die höchsten Hochhäuser selbst mit alten Kommunisten: Sie verpflichte sich, mit Schweiß, Fleiß und mehreren Millionen D-Mark, der KBW-Nachfolgeorganisation Kühl KG ein veritables Öko-Haus zu bauen, um so an den bankenstrategisch günstig gelegenen Kommunistenbunker in der legendären Mainzer 147 heranzukommen. Als das Öko-Haus im Mai bezugsfertig war und im Gegenzug der nonkonformistische Bunker in den Besitz der Bank übergegangen war, ließ der Vorstand erst einmal die Maler kommen. In Minuten war die Parole überpinselt, die nach der Auffassung der revolutionären Maoisten die Jahrtausende überdauern sollte: „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“

Weil aber die „Vereinigung“ nicht die Sache der Kapitalisten ist, hat die Hausse an der Immobilienfront für unerwartete Kapriolen gesorgt. Das Paradestück der Himmelsstürmer, der Messeturm, ist noch nicht einmal zur Hälfte vermietet. Die aufgrund der enormen Baukosten horrenden Quadratmeterpreise sprengen selbst die Kalkulationen der auf Renommee setzenden fernöstlichen Bankhäuser. Inzwischen, so wird geflüstert, werden die Bürotrakte im Messeturm „unterderhand“ für die Hälfte der offiziell ausgewiesenen Mietzinsen abgegeben. Aber auch die Eigentümer anderer Hochhäuser haben scharf am Markt vorbei kalkuliert. Offenbar genügt den potentiellen Nachfragern die Adresse „Frankfurt am Main“ im Briefkopf. Die Objekte mittlerer Größe in Downtown Frankfurt lassen sich denn auch weiter gut vermieten, während die Hochhäuser, wie die Auguren des Platow Briefes meinen, „wie Blei auf dem Markt“ liegen. Der Fluch, der auf den Wolkenkratzern lastet, hat inzwischen auch die Grundstücks- und Immobilienpreise purzeln lassen. In der Chefetage der Deutschen Bank wird man sich ärgern, daß man vor Jahresfrist für ein begehrtes Hochhaus in der Mainzer- Landstraße noch mehr als eine Milliarde DM hingeblättert hat. Inzwischen werden vergleichbare Objekte auf dem Markt für etwa die Hälfte angeboten. Die Stadtregierung aus SPD und Grünen hat ohnehin ein Herz für die Mieter. Wie aus dem Rathaus zu hören war, seien die „überzogenen Preise“ für die Büroräume in den Hochhäusern kontraproduktiv für das Image der Stadt gewesen — und ein „Abschreckungsmoment“ selbst für renommierte Firmen aus dem In- und Ausland. Gerade die Grünen, die dem von der SPD forcierten Hochausbauboom immer skeptisch gegenüberstanden, dürfen sich — ein ganz neues Gefühl — von der Marktentwicklung bestätigt fühlen. Daß die fallenden Preise für Büroräume und Grundstücke die Mieten generell von einem der höchsten Niveaus der Republik auf ein erträgliches Maß drücken werden, glaubt in Frankfurt allerdings niemand. Denn schließlich müssen auch die Angestellten, die in Büroräumen der mittelgroßen Objekte arbeiten, irgendwo wohnen. Und in der freien Marktwirtschaft definiert sich der Preis einer Ware noch immer über die Nachfrage. Klaus-Peter Klingelschmitt