Ozonloch wächst schneller

■ Neue Daten der NASA bestätigen den rasanten Abbau des Schutzschilds über dem Südpol/ Kritische Fläche dehnte sich gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent aus

Berlin (taz) — Das Ozonloch über dem Südpol ist in diesem Jahr größer als jemals zuvor. Nach neuesten Messungen der NASA hat es sich gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent vergrößert. Es umfaßt jetzt 23,5 Millionen Quadratkilometer und ist damit mehr als doppelt so groß wie die USA. Auf dieser Fläche hat sich die Konzentration des schützenden Ozonschilds um mindestens 50 Prozent verringert. Die Ausdünnung der Ozonschicht wurde vom Satelliten „Nimbus 7“ gemessen.

Die dramatischen Ergebnisse decken sich mit den Beobachtungen neuseeländischer Forscher, die vergangene Woche ähnliche Daten veröffentlicht hatten: Sie berichteten ergänzend, daß der im jahreszeitlichen Wechsel einsetzende Prozeß des Ozonabbaus in diesem Jahr früher begonnen habe und schneller fortgeschritten sei als in den Vorjahren. Der Ozonabbau beschleunigt sich, wenn am Südpol der Frühling Einzug hält. Die niedrigen Temperaturen und die zunehmende Sonneneinstrahlung sind die Voraussetzung für den durch die Ozonkiller (vor allem FCKW) ausgelösten Zerstörungsprozeß.

Die starke Ausweitung des Ozonlochs über der Antarktis kommt allerdings nicht überraschend. Auch bei einem sofortigen Ausstieg aus der FCKW-Produktion und keinen weiteren Emissionen mehr würde sich der Ozonabbau dennoch weiter fortsetzen, da die extrem langlebigen FCKWs mehr als ein Menschenalter lang in der Atmosphäre bleiben. Die Ozonzerstörung von heute geht noch auf den wachsenden Ausstoß der Ozonkiller in den 60er und 70er Jahren zurück.

Hans F. Graf vom Max-Planck- Institut für Meteorologie in Hamburg macht für den extremen Ozonschwund in diesem Jahr auch den Einfluß der Vulkane verantwortlich. Der Pinatubo auf den Philippinen und der Hudson in Chile hatten große Mengen von Schwefeldioxid ausgestoßen. Die Schwefelverbindungen verstärken nach Grafs Worten die zerstörerische Wirkung von Chlor und Brom, die aus den FCKWs und Halonen stammen — ein „fatales Zusammenwirken“. Natürlicherweise hätten solche Vulkanausbrüche keine schädlichen Auswirkungen auf die Ozonschicht. Gefährlich würden sie erst im Zusammenspiel mit den vom Menschen produzierten „Ozonkillern“.

Der Vorsitzende der Klima-Enquete-Kommission, Klaus Lippold (CDU), erneuerte gestern seine Forderung eines weltweiten FCKW-Ausstiegs. Dieser Ausstieg sei nicht nur notwendig, sondern auch machbar, die Industrie könne dies nicht ernsthaft anzweifeln.

Wissenschaftler glauben, daß mit dem beschleunigten Ozonabbau die weltweit alarmierende Zunahme von Hautkrebs zusammenhängt. Auch Augenschäden und ein reduziertes Pflanzenwachstum werden befürchtet. Die Ozonschicht wird aber nicht nur über dem Südpol dünner. Auch über der Nordhalbkugel und selbst am Äquator wurde eine auffällige Abnahme gemessen. -man-